krfacts Spezialausgabe 07. Juli 2020 COVID-19: Weitere Lockerungen und neue Massnahmen seit dem 01. Juli 2020
Seit dem 11. Mai 2020 werden die Massnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie schrittweise gelockert. Seit der letzten Ausgabe des krfacts – Stand 17. Juni 2020 – hat der Bundesrat weitere Lockerungen erarbeitet. Hinzugekommen sind allerdings am 01. Juli 2020 auch weitere Massnahmen zwecks Eindämmung des Coronavirus. Diese – Stand. 07. Juli 2020 – sollen im Nachfolgenden kurz dargestellt werden.
A. ÜBERBLICK ALLGEMEINE NEUERUNGEN
Am 28. Februar 2020 erklärte der Bundesrat die „besondere Lage“ gemäss Epidemiengesetz, am 16.März 2020 dann die „ausserordentliche Lage“. Diese wurde bis zum 19. Juni 2020 terminiert, seit dem 20. Juni 2020 herrscht wieder die „besondere Lage“. Dies bringt gewisse Veränderungen mit sich. So steht beispielsweise die Kompetenz zum Erlass von Massnahmen auch wieder den Kantonen zu.
Der Bundesrat hat den Mindestabstand von 2 Metern, welcher die letzten Monate strikt zu befolgen war, auf 1.5 Meter reduziert. Zudem wurde die Polizeistunde aufgehoben, sprich für Restaurants, Bars und Clubs gilt keine entsprechende Sperrstunde mehr. Auch wurde die 4-Personenregel in Restaurants aufgehoben. Neu giltin Restaurants und Bars auch keine Sitzpflicht mehr. Ebenso hat der Bundesrat Veranstaltungen mit maximal 1‘000 Personen wieder gestattet; diese Limite soll bis mindestens Ende August 2020 bestehen bleiben. Zudem wurden auch spezifische Vorgaben im Bereich Sport aufgehoben. So sind Sportarten mit engem Körperkontakt wie Rugby oder Schwingen seit dem 22. Juni 2020 wieder erlaubt.
Nebst den Lockerungen hat der Bundesrat aber auch neue Massnahmen verfügt, siehe nachfolgende Ausführungen.
B. MASKEN- UND QUARANTÄNEPFLICHT
Am 01. Juli 2020 hat der Bundesrat beschlossen, dass ab dem 06. Juli 2020 in den öffentlichen Verkehrsmitteln das Tragen einer Maske zur Pflicht wird. Gestützt auf diesen Entscheid ist die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der COVID-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung besondere Lage) in Kraft getreten. Der Bundesrat hat vorgängig stets das Tragen von Masken empfohlen, wenn der entsprechende Mindestabstand – insbesondere beim Benutzen desÖV zu Stosszeiten – nicht eingehalten werden konnte. Zwecks Vermeidung der Ausbreitung des Virus wurde nun eine schweizweite Maskenpflicht verhängt. Im FAQ-Dokument des BAG wird dabei darauf hingewiesen, dass das Tragen von Schals oder sonstigen Tüchern nicht ausreichend schützt und deshalb nicht akzeptiert wird (womit die Schweiz strenger ist als die Nachbarsländer). Die Maskenpflicht im ÖV betrifft alle Personen über 12 Jahren, es sei denn, jemandem ist das Tragen einer Maske aus medizinischen Gründen verwehrt. Wer keine Maske trägt, muss das Verkehrsmittel an der nächsten Station verlassen. Leistet die betreffende Person dem Begehren nicht Folge, kann sie wegen Ungehorsam gebüsst werden.
Neu gilt ab 06. Juli2020 eine Quarantänepflicht für Reisende, die aus einem Risikogebiet in die Schweiz zurückkehren: Sie müssen sich unverzüglich für 10 Tage in ihre Wohnung oder eine andere geeignete Unterkunft in Quarantäne begeben. Zudem müssen sie innerhalb von zwei Tagen ihre Einreise der zuständigen kantonalen Behörde melden. Davon gibt es Ausnahmen, wie beispielsweisefür grenzüberschreitende Transporteure. Zu den Risikogebietenzählen – Stand heute – Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Bahrain, Belarus, Bolivien, Brasilien, Chile, Dominikanische Republik, Honduras, Irak, Israel, Kap Verde, Katar, Kolumbien, Kosovo, Kuwait, Moldau, Nordmazedonien, Oman, Panama, Peru, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, Serbien, Südafrika, Turks- und Caicos-Inseln und die USA. Wer die Quarantäne Pflicht nach Rückkehr in die Schweiz nicht befolgt, kannmit Busse bis zu CHF 10‘000.00 sanktioniert werden. Die Kantone sind hierbei für die Strafverfolgung zuständig.
Weitere Informationen zur Quarantäne bei Einreise in die Schweiz aus einem Risikogebiet finden sich im FAQ des BAG .
Interessant ist im Zusammenhang mit der Quarantänepflicht insbesondere auch die arbeitsrechtliche Situation. Hierzu finden sich detaillierte Informationen im arbeitsrechtlichen Bereich unter nachfolgender Ziffer C.III.
C. ARBEITSRECHT
I. Kurzarbeitsentschädigung
Der Bundesrat hat sich am 01. Juli 2020 dazu entschieden, die Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung (KAE) von 12 auf 18 Monate zu verlängern. Die Verordnungsänderung tritt am 01. September 2020 in Kraft und gilt bis 31. Dezember 2021. Dadurch haben die betroffenen Unternehmen die Möglichkeit, für ihre Beschäftigen weiterhin die Unterstützung der KAE in Anspruch zu nehmen. Weiter wurde beschlossen, dass der Arbeitgeber eine Karenzfrist von einem Tag zu tragen hat. Ebenfalls wurde ab 01. September 2020 die Wiedereinführung der Regelung vorgesehen, dass Überstunden dem Bezug von KAE vorgehen müssen. Auch diese Änderungen treten per 01. September 2020 in Kraft. Bis Ende August 2020 können also Unternehmen während maximal zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren Kurzarbeitsentschädigung beantragen. Die Verlängerung auf weitere sechs Monate ab 01. September 2020, also auf insgesamt 18 Monate, wurde insbesondere gutgeheissen, um dem drohenden Anstieg der Arbeitslosenquote entgegenzuwirken.
II. Erwerbsersatz für Selbständige
Die Möglichkeit zum Bezug von Corona-Erwerbsersatz für Selbständige wird bis 16. September 2020 verlängert. Neu können die in ihrer eigenen Firma angestellten Personen im Veranstaltungsbereich, die sich in einer Härtefallsituation befinden, Corona-Erwerbsersatz beanspruchen. Diese haben nämlich seit dem 01. Juni 2020 keinen Anspruch mehr auf KAE. Sie werden nun deshalb den Selbständigerwerbenden gleichgestellt, welche indirekt von den Massnahmen gegen das Coronavirus betroffen sind. Diese Änderung ist insbesondere auf den Umstand zurückzuführen, dass viele Betriebe ihre Tätigkeit nicht oder noch nicht vollständig aufnehmen konnten. Die Betroffenen müssen hierzu keine besonderen Schritte vorkehren, die AHV-Ausgleichskassen nehmen die Auszahlung ihres Corona-Erwerbsersatzes wieder auf.
III. Arbeitsrechtliche Situation bei Pflicht zur Quarantäne nach Rückkehr in die Schweiz
Gemäss BAG haben Personen, die sich in die zehntägige Quarantäne zu begeben haben, keinen Anspruch auf eine Erwerbsersatzentschädigung.
Eine andere Frage ist, ob eine Lohnfortzahlungspflichtdes Arbeitgebers besteht. Begibt sich ein Arbeitnehmer bewusst in ein risikoreiches Gebiet, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, da dem Arbeitnehmer gemäss BAG und Arbeitgeberverband einVerschulden zur Last gelegt werden könne. In gewissen Einzelfällen ist es jedoch möglich, dass von diesem Grundsatz abgewichen wird und eine Lohnfortzahlungspflicht besteht. Keine Probleme dürften sich stellen, wenn der betroffene Arbeitnehmer nach der Rückkehr aus dem Risikogebiet im Home Office arbeiten kann. Diesfalls liegt nämlich keine Arbeitsverhinderung vor. Die rechtlichen Unsicherheiten werden erst mit den Entscheiden der Zivilgerichte beseitigt werden.
D. MIETRECHT
Die Debatte über die Tragung derGeschäftsmietkosten während der Corona-Krise scheint allmählich ein Ende zu nehmen. Die Mieten sollen zwischen Vermieter und Mieter entsprechend aufgeteilt werden. Der Bundesrat hat hierzu am 01. Juli 2020 die entsprechende Vorlage des Gesetzesentwurfs indie Vernehmlassung geschickt. Die Vernehmlassung dauert bis am 04. August 2020. Mieterinnen und Mieter sollen für die Periode der angeordneten Schliessung oder Einschränkung der Tätigkeit lediglich 40 Prozent des Geschäftsmietzinses bezahlen müssen, während die Vermieterinnen und Vermieter für die restlichen 60 Prozent aufzukommen haben. Vorgesehen ist, dass der Bundesrat Mitte September 2020 eine Botschaft an das Parlament verabschiedet. Geplant ist ein Sonderverfahren, sodass die Gesetzesvorlage von beiden Rätenin der gleichen Session beraten werden kann.
Verfassungsgrundlage für das geplante Bundesgesetz über den Miet- und Pachtzins während Betriebsschliessungen und Einschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19; Covid-19-Geschäftsmietegesetz) soll Art. 100 BV über die Konjunkturpolitik bilden.
E. GESUNDHEITSRECHT
In der Schweiz sind die Fallzahlen von Covid-19 positiv getesteten Personen wieder angestiegen. Nebst den üblichen Hygiene- und Verhaltensregeln ist die SwissCovid App für Smartphones (Android/iPhone) zwecks Unterbrechung der Übertragungsketten in Betrieb. Mittlerweile wurde die App über eine Million Mal heruntergeladen.
Der Bund hat zudem informiert, dass er ab dem 25. Juni 2020 sämtliche Kosten für Coronatests übernimmt. Bisher wurden die Kosten zum Teil von den Krankenversicherungen und teilweise von den Kantonen übernommen. Dies hatte zur Folge gehabt, dass nicht alle Personen gleich behandelt wurden. Mithin wurde auch die Gefahr erhöht, dass aufgrund eigener Kostentragung Personen sich nicht testen lassen. Dieser Gefahr soll nun mit der Kostentragung durch den Bund entgegnet werden. Es werden sowohl die Kosten für Tests auf Infektionen mit dem Coronavirus als auch serologische Tests zum Nachweis von Antikörpern übernommen.
F. VERSAMMLUNGEN VON GESELLSCHAFTEN
Die Durchführung von öffentlichen und privaten Veranstaltungen wurde bis zum 05. Juni 2020 durch den Bundesrat verboten. Seit dem 06. Juni 2020 waren öffentliche und private Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen wieder erlaubt. Am 19. Juni 2020 lockerte der Bundesrat die Massnahmen erneut, seit dem 22. Juni 2020 sind Versammlungen bis zu 1‘000 Personen wieder erlaubt. Dies gilt insbesondere für Versammlungen von Gesellschaften. Die Möglichkeit, dass eine Gesellschaft auf der Grundlage von Art. 6f COVID-2-Verordnung (SR 818.101.24) die Teilnahmerechte von Aktionären, Gesellschaftern oder Mitgliedern einschränken konnte, ist per 30. Juni 2020 aufgehoben.
G. VERSAMMLUNGEN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
I. Allgemeine Regelung
Das Treffen von mehr als 30 Personen im öffentlichen Raum, welches gemäss Art. 7c COVID-19-Verordnung 2 galt, wurde per 22. Juni 2020 aufgehoben.
II. Demonstrationen
Bisher war die Anzahl Personen, welche bei einer Demonstration teilnehmen dürfen, auf 300 beschränkt. Diese Beschränkung wurde per 20. Juni 2020 aufgehoben. Neu ist allerdings, dass Demonstranten zwingend eine Maske zu tragen haben.
H. FRAGEN
Aufgrund der aktuellen Entwicklungen und der unterschiedlichen Ausgangslagen empfehlen wir, sich bei rechtlichen Fragen mit uns in Verbindung zu setzen.