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krfacts Spezialausgabe 21. April 2020 Leistungsstörungen aufgrund der COVID-19 Pandemie: Private Schiedsgerichte können effizient und kompetent entscheiden

Die COVID-19 Pandemie hat in der Schweiz und international grosse Auswirkungen auf die Wirtschaft. Tausende Verträge können überhaupt nicht oder nicht im vorgesehenen Rahmen eingehalten werden. Es besteht Unsicherheit über die finanziellen und rechtlichen Folgen solcher Leistungsstörungen. Branchen- und Wirtschaftsverbände rufen ihre Mitglieder zurecht dazu auf, einvernehmliche Lösungen zu finden. Oft wird das gelingen, doch es ist davon auszugehen, dass zahlreiche Streitigkeiten von einer neutralen Instanz beurteilt werden müssen. Die private Schiedsgerichtsbarkeit kann helfen, diesen erhöhten Bedarf an Entscheiden effizient zu meistern. Schiedsgerichte können zeitnah und verbindlich entscheiden und so relativ schnell für Rechtssicherheit zwischen den Parteien sorgen.

I. Was ist die private Schiedsgerichtsbarkeit?

Die Schiedsgerichtsbarkeit ist eine echte Alternative zu den staatlichen Gerichten. Wer sich für die Schiedsgerichtsbarkeit entscheidet, verzichtet auf die staatliche Gerichtsbarkeit. Der Entscheid des Schiedsgerichts ist verbindlich und vollstreckbar wie ein Gerichtsurteil. Die Schiedsgerichtsbarkeit hat in der Schweiz eine lange Tradition. Vor allem für internationale Streitigkeiten geniesst die Schweiz einen hervorragenden Ruf. Aber auch Streitigkeiten zwischen Schweizer Parteien können durch Schiedsgerichte professionell und zeitnah entschieden werden.

II. Welche Streitigkeiten können von einem Schiedsgericht entschieden werden?

Im Business to Business Bereich können alle vermögensrechtlichen Ansprüche einem Schiedsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Wenn nur Schweizer Parteien involviert sind und natürliche Personen betroffen sind, kann es Einschränkungen geben, insbesondere in arbeitsrechtlichen oder konsumentenrechtlichen Belangen. Zudem ist das Einsetzen eines privaten Schiedsgerichts bei Mietangelegenheiten von Wohnräumen nicht möglich, unproblematisch ist dagegen die Geschäftsmiete.

III. Wer kann sich an ein Schiedsgericht wenden?

Grundsätzlich alle, die einer Schiedsvereinbarung zugestimmt haben. Die Kompetenz des Schiedsgerichts, einen verbindlichen Entscheid zu fällen, basiert auf der Schiedsvereinbarung der betroffenen Parteien. Voraussetzung eines Schiedsverfahrens ist daher eine Schiedsvereinbarung,welche die Vertragsparteien miteinander schliessen. Diese kann bereits im Vertrag enthalten sein oder von den Parteien nachträglich abgeschlossen werden. Die Schiedsvereinbarung legt fest, welche Streitigkeit vom Schiedsgericht entschieden werden soll, wie viele Schiedsrichter entscheiden sollen (i.d.R. eine Person oder drei Personen), wo der Sitz des Schiedsverfahrens ist (es ist ein Ort in der Schweiz zu wählen), und in welcher Sprache das Verfahren geführt werden soll.

Konkret könnte eine einfache Schiedsvereinbarung zur Lösung von Streitigkeiten, die wegen COVID-19 entstanden sind, wie folgt aussehen (Vorschlag in Anlehnung an die Musterschiedsklausel der Swiss Chambers‘ Arbitration Institution ( www.swissarbitration.org )):

Alle Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag zwischen der X AG und der Y AG, einschliesslich über dessen Gültigkeit, Ungültigkeit, Verletzung oder Auflösung, sind durch ein Schiedsverfahren zu entscheiden. Das Schiedsgericht soll aus einem Mitglied bestehen. Der Sitz des Schiedsverfahrens ist Luzern. Die Sprache des Schiedsverfahrens ist Deutsch.

IV. Wie kann ich mich an ein Schiedsgericht wenden?

Wenn sich die Parteien auf eine Schiedsklausel geeinigt haben und ein Streit konkret wird, bestimmen sie ihre Schiedsrichterin oder ihren Schiedsrichter. Sollen drei Personen entscheiden, ernennt in der Regel jede Partei eine Person und die gewählten Schiedsrichter schlagen dann eine Präsidentin oder einen Präsidenten vor. Grundsätzlich kann jede von den Parteien unabhängige Person als Schiedsrichterin oder Schiedsrichter gewählt werden. Es lohnt sich jedoch, mindestens eine Person mit juristischem Know-how und Kenntnissen in der Schiedsgerichtsbarkeit einzubeziehen. Die Swiss Arbitration Association (ASA) führt auf ihrer Webpage unter  https://profiles.arbitration-ch.org/memberlist  Kontaktdaten von Personen auf, die sich professionell mit der Schiedsgerichtsbarkeit beschäftigten.

V. Kann ein Schiedsentscheid angefochten werden?

Die Rechtsmittel gegen einen Schiedsentscheid sind bewusst eingeschränkt. Schweizer Parteien können vereinbaren, dass ein kantonales Gericht den Schiedsentscheid überprüfen soll. Ein Weiterzug ans Bundesgericht ist in diesem Fall nicht mehr möglich. Wird nichts vereinbart, kann der Schiedsentscheid nur beim Bundesgericht angefochten werden. In jedem Fall sind die Beschwerdegründe limitiert, sodass die Rechtmittelinstanz einen Schiedsentscheid nur sehr beschränkt inhaltlich überprüfen kann. Im Vergleich zur staatlichen Gerichtsbarkeit, die in der Regel drei Instanzen kennt, entscheidet das Schiedsgericht als einzige Instanz verbindlich und die Anrufung der Beschwerdeinstanz ist nur in seltenen Fällen aussichtsreich.

VI. Mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Wie bei staatlichen Gerichten, hängen die Kosten für ein Schiedsgericht in der Regel vom Streitwert ab. Einfluss auf die Kosten haben auch die Komplexität und der Aufwand. Zusätzlich ist entscheidend, ob eine Einzelperson eingesetzt wird oder ein Dreiergremium. Die Parteien können mit dem Schiedsgericht entweder einen Pauschalbetrag vereinbaren oder es wird auf Stundenbasis abgerechnet, wobei der Stundensatz Verhandlungssache ist.

VII. Weitere Fragen

Falls Sie Fragen zur Schiedsgerichtsbarkeit haben, helfen wir Ihnen gerne weiter.

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