Sofortkontakt zur Kanzlei
 

krfacts Ausgabe Dezember 2021 Wichtige gesetzliche Neuerungen per 01. Januar/01. Juli 2022

Bei diversen Bundeserlassen treten per 01. Januar und 01. Juli 2022 Änderungen in Kraft. Wir haben für Sie die wichtigsten Neuerungen ausgewählt und kurz zusammengefasst.

Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG)

Das revidierte Gesetz bringt verschiedene Verbesserungen für Kundinnen und Kunden und passt Bestimmungen an veränderte Gegebenheiten an. So wird beispielsweise neu für Versicherungsverträge ein Widerrufsrecht von 14 Tagen eingeführt (Art. 2a Abs. 2 VVG) und auch Verträge mit langer Laufzeit können nach drei Jahren beendet werden (Art. 35a VVG). Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus Versicherungsverträgen wird von zwei auf fünf Jahre erhöht (Art. 46 Abs. 1 VVG). Zudem wird das Gesetz an die heutigen Anforderungen des elektronischen Geschäftsverkehrs angepasst. Die Revision tritt am 01. Januar 2022 in Kraft.

Ehe für alle (ZGB)

Eine deutliche Mehrheit der Stimmberechtigten und sämtliche Kantone haben die «Ehe für alle» an der Volksabstimmung vom 26. September 2021 angenommen. Eine einzelne Bestimmung (Art. 9g Abs. 2 SchlT ZGB) zur Umsetzung der Ehe für alle tritt bereits am 01. Januar 2022 in Kraft. Sie betrifft den Güterstand gleichgeschlechtlicher Paare, die im Ausland eine Ehe geschlossen haben und welche in der Schweiz bisher als eingetragene Partnerschaft anerkannt wurde. Ab dem 01. Juli 2022 können sodann gleichgeschlechtliche Paare heiraten oder ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln, wodurch die bestehende gesetzliche Ungleichbehandlung beseitigt wird.

Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandregister (ZGB)

Aufgrund des neuen Art. 30b ZGB wird es künftig möglich sein, das Geschlecht im Personenstandregister rasch und unbürokratisch zu ändern. Die Erklärung kann von jeder Person abgegeben werden, die innerlich fest davon überzeugt ist, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören. Die Regelung wird auf den 01. Januar 2022 in Kraft treten.

Verschärfung des Kartellgesetzes (KG)

Per 01. Januar 2022 treten verschiedene Änderungen des Kartellgesetzes in Kraft, mit denen die Behinderung des Wettbewerbs bzw. die Benachteiligung der Marktgegenseite verhindert werden soll. Im revidierten Kartellgesetz ist der Begriff des relativ marktmächtigen Unternehmens ausdrücklich definiert. Demnach handelt es sich um ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Anbieten oder Nachfragen einer Leistung oder Ware insofern abhängig sind, als dass es keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten gibt, auf andere Unternehmen auszuweichen.

Weitere bedeutende Änderungen hat der Gesetzgeber mit Blick auf die Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» vorgenommen: Künftig dürfen Schweizer Unternehmen unter anderem ausländische Produkte oder Dienstleistungen von relativ marktmächtigen und marktbeherrschenden Unternehmen zu den im Ausland geltenden Preisen und Konditionen beziehen. Zudem dürfen internationale Online-Shops von Schweizer Kundinnen und Kunden nicht ohne sachlichen Grund höhere Preise verlangen.

AHV-Nummer als einheitlicher Personenidentifikator (AHVG; AHVV)

Künftig können Behörden die AHV-Nummer zur Identifikation von Personen verwenden. Der Bundesrat hat hierzu – nach der Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) – die dazugehörige Verordnung (AHVV) revidiert. Ab dem 01. Januar 2022 kann die AHV-Nummer systematisch als Personenidentifikationsinstrument verwendet werden, sofern dies zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben erforderlich ist. Damit sollen Abläufe effizienter sowie digitaler gestaltet und die Verwechslung von Personen vermieden werden.

Revision Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG)

Die Gebührenverordnung SchKG wird in mehreren Punkten angepasst. So können die Betreibungsämter neu eine Gebühr von acht Franken in Rechnung stellen, wenn der Schuldner aufgefordert wird, eine Betreibungsurkunde persönlich auf dem Amt entgegenzunehmen. Hingegen wird die Protokollierung des Rückzugs einer Betreibung durch das zuständige Betreibungsamt künftig kostenlos sein.

Weiter werden die maximalen Gerichtskosten in den SchKG-Summarverfahren erhöht, damit die Gerichte dem Aufwand im Einzelfall besser Rechnung tragen können. Auf die im Vorentwurf vorgesehene Erhebung einer Gebühr von fünf Franken für nicht in elektronischer Form eingereichte Betreibungsbegehren verzichtet der Bundesrat vorerst. Er will diesbezüglich mit einer Anpassung der Gebührenverordnung zuwarten, bis im Rahmen des Projekts Justitia 4.0, mit welchem der elektronische Rechtsverkehr in Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsverfahren flächendeckend eingeführt werden soll, eine allgemeine Regelung ausgearbeitet und umgesetzt worden ist. Die Revision tritt am 01. Januar 2022 in Kraft.

Schweizweit einheitliche Inkassohilfe für Unterhaltsbeiträge (InkHV)

Nach einer Trennung muss ein Elternteil dem anderen zur Deckung des Bedarfs der gemeinsamen Kinder ggf. Unterhaltsbeiträge bezahlen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass die Unterhaltsbeiträge nur unregelmässig oder zu spät geleistet werden. Für diese Fälle sieht das ZGB vor, dass der Staat dem betroffenen Elternteil und Kindern beim Inkasso der Unterhaltsbeiträge hilft. Bisher haben die Kantone die Details dieser Inkassohilfe geregelt. Die kantonalen Regelungen waren jedoch sehr unterschiedlich, wodurch die betroffenen Eltern und Kinder ungleich behandelt wurden. Mit Inkrafttreten der Inkassohilfeverordnung auf den 01. Januar 2022 wird die Inkassohilfe nun schweizweit einheitlich geregelt. Die neue Verordnung sieht insbesondere vor, dass kantonale Fachstellen die unterhaltsberechtigte Person auf Gesuch hin beim Inkasso unterstützen. Die Verordnung enthält dazu einen Mindestkatalog von Leistungen, die jede Fachstelle anbieten muss. Die Leistungen umfassen insbesondere ein persönliches Fachgespräch, schriftliche Kontaktaufnahmen mit der unterhaltspflichtigen Person oder die Einleitung von Straf- oder Betreibungsverfahren.

Neue Zulassungskriterien zur Abrechnung zulasten der Krankenpflegeversicherung (KVG; KVV)

Die Kantone sind in Zukunft für die Zulassung sämtlicher Leistungserbringer im ambulanten Bereich zuständig. Die revidierten Bestimmungen des KVG und der KVV erhöhen diesbezüglich die Qualitätsanforderungen. Ärztinnen und Ärzte, die neu zulasten der OKP tätig sein wollen, müssen mindestens drei Jahre lang an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte im beantragten Fachgebiet gearbeitet haben. Sie müssen sich zudem einem elektronischen Patientendossier anschliessen und über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen. Die Bestimmungen treten am 01. Januar 2022 in Kraft.

Änderung der Verordnung über die Verrechnungssteuer (VStV)

Derzeit ist der letzte Wohnsitzkanton des Erblassers oder der Erblasserin für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer an die Erbinnen und Erben zuständig. Künftig sollen die Erben einer noch nicht verteilten Erbschaft die Verrechnungssteuer auf Erbschaften in ihrem Wohnsitzkanton zurückfordern. Damit kann die Erfassung mit der Einkommens- und Vermögenssteuer und die korrekte Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei interkantonalen Sachverhalten besser sichergestellt werden. Die Änderung tritt am 01. Januar 2022 in Kraft.

Neue Pflichten für Unternehmen zum besseren Schutz von Mensch und Umwelt (OR; VSoTr)

Im Zuge der Volksabstimmung «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» vom 29. November 2020 und dem an der Urne angenommenen indirekten Gegenvorschlag des Parlaments treten per 01. Januar 2022 die neuen Bestimmungen im Obligationenrecht (OR) sowie die Verordnung des Bundesrats über Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit (VSoTr) in Kraft. Die Regelungen finden erstmals auf das Geschäftsjahr 2023 Anwendung.

Wir verweisen dabei auf die krfacts-Ausgabe vom 10. Juni 2021 « Neue Pflichten für Unternehmen zum besseren Schutz von Mensch und Umwelt ».

Weitere Beiträge