drw-flash Ausgabe Juni 2005 Willkommene Haftungsbeschränkung im Vereinsrecht
Das Vereinsrecht hat per 01. Juni 2005 wichtige Anpassungen in Bezug auf die Beitragspflicht und die Haftung der Vereinsmitglieder erfahren. Neu wird einerseits klargestellt, wie konkret die Beitragspflicht in den Statuten verankert sein muss und andererseits wird bestimmt, dass neu ausschliesslich das Vereinsvermögen für die Vereinsschulden haften soll. Die vor der Anpassung allenfalls bestehende persönliche Haftung der Vereinsmitglieder ist somit ausgeschlossen worden.
Rechtslage vor dem 01. Juni 2005
Die Beitragspflicht der Vereinsmitglieder musste grundsätzlich in den Statuten festgesetzt werden (Art. 71 Abs. 1 aZGB) und bestimmte zugleich auch die persönliche Haftbarkeit der einzelnen Mitglieder. Sahen die Statuten keine Beitragspflicht vor, haftete fatalerweise jedes Vereinsmitglied persönlich, anteilsmässig und mit seinem gesamten Vermögen für dieV ereinsschulden (Art. 71 Abs. 2 aZGB), und zwar auch dann, wenn die Statuten eine persönliche Haftung der Vereinsmitglieder ausgeschlossen haben.
Persönliche und unbegrenzte Haftung
Es darf davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der Mitglieder in den schweizerischen Vereinen sich dieser persönlichen, anteilsmässig und unbegrenzten Haftung für Vereinsschulden kaum bewusst war. Vielmehr musste darauf vertraut werden, dass sich die Gründungsmitglieder kundig gemacht hatten und entsprechende Vorkehren – wie zum Beispiel Verankerung des Mitgliederbeitrages in den Vereinsstatuten – getroffen hatten.
Das Vereinslebens spielt in der Schweiz mit rund 100'000 Vereinen verschiedenster Ausrichtungen eine bedeutende Rolle. Es galt deshalb im Rahmen der erfolgten Anpassung des Vereinsrechts zu vermeiden, dass Vereinsmitglieder sich persönlich verschulden, weil der Verein beispielsweise ein witterungsbedingtes Defizit eines Kulturanlasses oder eine Haftung aufgrund einer Sportveranstaltung nicht aus dem Vereinsvermögen bezahlen konnte.
Entschärfung der Situation nach dem 01. Juni 2005
Neu wurde deshalb die früher bestehende Verknüpfung zwischen der Verankerung der Beitragspflicht in den Vereinsstatuten und der persönlichen Haftung der Vereinsmitglieder gelöst sowie die Haftung der Vereinsmitglieder beschränkt.
- Hinsichtlich der Beitragspflicht sieht Art. 71 ZGB nun vor, dass Beiträge von den Vereinsmitgliedern verlangt werden können, sofern die Statuten dies vorsehen. Dabei genügt es, dass die Statuten lediglich den Grundsatz der Beitragspflicht nennen. Die konkrete Festsetzung kann durch einen Beschluss des dafür zuständigen Vereinsorgans – in der Regel die Vereinsversammlung – erfolgen. Es gilt dabei zu beachten, dass für den Verein einerseits weiterhin keine Pflicht zur Erhebung von Vereinsbeiträgen besteht und andererseits ohne entsprechende statutarische Grundlage kein Vereinsmitglied zur Zahlung von Vereinsbeiträgen angehalten werden kann.
- Hinsichtlich der Haftung hält Art. 75a ZGB neu fest, dass für Vereinsschulden – eine andere statutarische Regelung vorbehalten – ausschliesslich das Vereinsvermögen haftet und zwar unabhängig davon, ob eine Beitragspflicht für Mitglieder festgelegt worden ist oder nicht. Die frühere anteilsmässige und persönliche Haftung der Vereinsmitglieder für Vereinsschulden ist damit gestrichen worden.
Auswirkungen
Die erfolgte Anpassung im Vereinsrecht dient hauptsächlich denjenigen Vereinen, die die notwendigen Vorkehren zur Begrenzung des persönlichen Risikos nicht getroffen hatten bzw. die Beitragspflichten ihrer Mitglieder nicht rechtsgültig festgelegt haben. In diesen Konstellationen gelangt nun nicht mehr die anteilsmässige Haftung der Vereinsmitglieder zur Anwendung, sondern der Verein haftet neu – sofern die Statuten nichts gegenteiliges vorsehen – ausschliesslich mit seinem Vereinsvermögen für die Verbindlichkeiten des Vereins.
Für weitere Fragen stehen Ihnen Dr.iur. Markus Kaufmann, Rechtsanwalt und Notar, und lic.iur. Nils Grossenbacher, Rechtsanwalt, gerne zur Verfügung.