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Caminada Blog, 14. Dezember 2015 Unterhaltspflicht bis zur Pensionierung

Kann ein geschiedener Ehepartner aufgrund seiner Pensionierung nicht mehr selber für seinen gebührenden Unterhalt aufkommen, muss ihm der andere Ehepartner bis zu seiner eigenen Pensionierung einen Unterhaltsbeitrag bezahlen.

Das Bundesgericht hat mit seinem neuen Entscheid für Unmut bei geschiedenen Ehepartnern gesorgt. Es hiess die Beschwerde einer Ehefrau gut, welche einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt von ihrem geschiedenen Ehemann für die Zeit nach dem Eintritt ihres AHV-Pensionsalters bis zum Zeitpunkt des Eintritts seines eigenen AHV-Pensionsalters geltend machte; die Ehefrau ist 10 Jahre älter als ihr Ehemann. Dieser Anspruch wurde vorher von den Vorinstanzen verneint, da die Beschwerdeführerin schon während der Ehe und auch nach der Scheidung erwerbstätig war und sich somit eine genügende Altersvorsorge habe aufbauen können. Die Vorinstanzen hielten zudem fest, dass es keinen zeitlich unbeschränkten Anspruch auf Weiterführung des in der Ehe befolgten Lebensstandards gebe. Die Unterhaltspflicht könne nicht wieder aufleben, nachdem die Ehefrau während Jahren für ihren Unterhalt vollständig selber habe aufkommen können. Das Bundesgericht verneinte dies jedoch und stellte fest, dass auch in einem solchen Fall bei einem nachträglich nicht mehr gedeckten Bedarf die Unterhaltspflicht wieder besteht.

Hat der unterhaltsansprechende Ehegatte das Rentenalter zuerst erreicht, hat er über diesen Zeitpunkt hinaus grundsätzlich Anspruch darauf, den bisher geführten Standard zu halten oder zumindest auf gleichem Niveau zu leben wie der noch erwerbstätige Ehegatte.

Das Bundesgericht sprach sich somit für den zeitlich unbeschränkten Charakter des nachehelichen Unterhalts aus.

Grundlage für den nachehelichen Unterhalt war, dass es sich um eine lebensprägende Ehe gehandelt hat. Eine solche ist zu vermuten, wenn die Ehe bis zur Beendigung des Zusammenlebens mehr als zehn Jahre andauerte oder aus ihr Kinder hervorgegangen sind und deshalb das Vertrauen des Ansprechers auf Fortführung der ehelichen Lebensverhältnisse als schutzwürdig erscheint.

Liegt eine lebensprägende Ehe vor, ist der Unterhaltsanspruch in drei Schritten zu prüfen:

  1. Bestimmung des gebührenden Unterhalts: Dieser bemisst sich an dem in der Ehe zuletzt gemeinsam gelebten Standard. Liegen genügend Mittel vor, haben beide Teile Anspruch auf dessen Fortführung. Dieser Standard stellt aber gleichzeitig auch die Obergrenze des gebührenden Unterhalts dar.
  2. Können die Ehegatten diesen Unterhalt je selber finanzieren? Ist dies einem Ehegatten vorübergehend oder dauerhaft nicht möglich bzw. nicht zumutbar, folgt Schritt drei.
  3. Es wird die Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten ermittelt und ein angemessener Unterhaltsbeitrag festgesetzt, den er zu bezahlen hat.

Würde eine nicht lebensprägende Ehe angenommen, wäre an die vorehelichen Verhältnisse anzuknöpfen.

Gemäss Bundesgericht spielen der Altersunterschied, eine vorbestehende Erkrankungen oder eine Behinderung eines Ehepartners eine bedeutende Rolle für die Beantwortung der Frage, ob ihm die Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards zusteht, da diese ein spezifisches Beistandsvertrauen schaffen können; die Partner haben das betreffende Schicksal mit dem Eheschluss implizit zum gemeinsamen Schicksal gemacht

Für Fragen zu diesem Thema steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Dr. Markus Kaufmann, Kaufmann Rüedi Rechtsanwälte AG, zur Verfügung.

Beitrag veröffentlicht am
14. Dezember 2015

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