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KMU-Magazin Nr. 9, September 2019 Einzug und Vollstreckung von Forderungen

Hat ein Gläubiger im Inland oder auch Ausland eine Geldforderung gegen einen Schuldner in der Schweiz, ist diese auf dem Weg der Schuld- und Konkursbetreibung zu vollstrecken. Der Beitrag informiert über die Vorgehensweise.

Ein Gläubiger im Inland oder Ausland hat eine unbestrittene oder durch einen Gerichtsentscheid festgestellte Forderung gegen einen Schuldner in der Schweiz.

Wie kann vorgegangen werden, dass der Gläubiger zu seinem Geld kommt?

Der erste Schritt besteht regelmässig darin, dass der Gläubiger beim Schuldner die fällige Forderung anmahnt, allenfalls unter Androhung von rechtlichen Schritten für den Fall der Nichtzahlung. Was, wenn der Schuldner dennoch nicht bezahlt?

Die Betreibung

In der Schweiz sind Geldforderungen auf dem Weg der Schuld- und Konkursbetreibung zu vollstrecken.

Grundlage dazu ist das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG). In einem ersten Schritt wird das Betreibungsverfahren angehoben. Dieses Verfahren ist in Ablauf und Bedeutung dem gerichtlichen Mahnverfahren in Deutschland vergleichbar.

Das Verfahren wird mit dem Betreibungsbegehren eingeleitet. Das Betreibungsbegehren kann der Gläubiger selbst stellen oder ein von ihm beauftragter Dritter wie eine Inkassostelle oder ein Rechtsanwalt. Das Betreibungsbegehren ist an das für den Schuldner an dessen Sitz oder Wohnsitz zuständige Betreibungsamt zu richten. Bei ausländischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Schweiz ist die Abklärung des aktuellen Wohnsitzes relativ einfach möglich, bei einem schweizerischen Staatsbürger aber kann diese Abklärung aufwendiger werden. Die Kosten für die Betreibung muss der Gläubiger vorschiessen, bei erfolgreicher Betreibung sind ihm die Betreibungskosten dann aber vom Schuldner zu erstatten; diese Kosten sind dabei aber nicht hoch.

Das Betreibungsamt erlässt aufgrund des Betreibungsbegehrens einen Zahlungsbefehl (vergleichbar dem deutschen Mahnbescheid) an den Schuldner. Gegen den Zahlungsbefehl kann der Schuldner ohne Angabe von Gründen Rechtsvorschlag (Widerspruch) erheben, womit das Betreibungsverfahren vorläufig eingestellt wird.

Der Rechtsvorschlag

Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag und will der Gläubiger die Einstellung des Betreibungsverfahrens nicht hinnehmen, muss der Gläubiger beim Gericht die Beseitigung des Rechtsvorschlags verlangen. Vor Gericht kann sich der Gläubigerdabei nur durch einen im Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwalt vertreten lassen, weshalb zur Vertretung spätestens dann die Sache einem eingetragenen Rechtsanwalt zu übergeben ist.

Erhebt der Schuldner keinen Rechtsvorschlag oder wird dieser vom Gericht beseitigt, kann die Fortsetzung der Betreibung (Zwangsvollstreckung) verlangt werden. Am Ende des Verfahrens steht die freiwillige Zahlung des Schuldners oder die Zahlung im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Vollstreckungsbehörde ist das Betreibungs- und Konkursamt. Kann der Schuldner nicht zahlen, erfolgt bei Privatpersonen die Pfändung von Vermögensgegenständen. Richtet sich die Forderung gegen ein Unternehmen, wird diesem der Konkurs angedroht und der Gläubiger kann das Konkursbegehren (Insolvenzantrag) stellen.

Die Einleitung der Betreibung hat unangenehme Konsequenzen für den betriebenen Schuldner, denn über alle Betreibungen wird ein Register geführt, das gegen Interessennachweis von jedermann eingesehen werden kann. Manchmal hat deshalb eine letzte Mahnung mit Androhung der Einleitung der Betreibung und Durchsetzung der Forderung nötigenfalls im Gerichtsverfahren die Wirkung, dass der Schuldner bezahlt. Dies insbesondere dann, wenn der Gläubiger im Ausland ist, die Androhung aber von einem schweizerischen Rechtsanwalt erfolgt: Dies zeigt dem Schuldner an, dass der Gläubiger die Kosten und Mühen eines Auslandsinkassos oder eines Gerichtsverfahrens in der Schweiz auf sich nimmt und dass es nun «ernst» gilt.

Die Kosten

Die aussergerichtlichen Kosten des Rechtsanwalts sind – im Gegensatz zur deutschen Verzugskostenregelung – nicht erstattungsfähig. Sie fallen dafür in aller Regel wesentlich niedriger aus als der Kosten- und Zeitaufwand des deutschen Gläubigers für eigene Inkassobemühungen. Diese enden früher oder später ohnehin regelmässig in der Inanspruchnahme professioneller Unterstützung in der Schweiz, wie die Praxis lehrt.

Das Betreibungsverfahren ist schnell und kostengünstig. Wird die Forderung nicht bestritten und zahlt der Schuldner nach Zustellung des Zahlungsbefehls, fallen für eine Forderung von 10 000 CHF Betreibungs- und Anwaltskosten in der Schweiz in Höhe von etwa 500 CHF an. Die Anwaltskosten sind in diesem Fall vom Gläubiger zu tragen, die Kosten des Betreibungsamtes muss der Schuldner übernehmen.

Rechtsöffnung bei Widerspruch

Bestreitet der Schuldner den betriebenen Anspruch durch Erhebung von Rechtsvorschlag (Widerspruch), muss der Rechtsvorschlag beseitigt und die sogenannte Rechtsöffnung erteilt werden. Dies geschieht entweder im ordentlichen Verfahren (ordentlicher Zivilprozess) oder in einem Summarverfahren (sogenanntes Rechtsöffnungsverfahren). Welches Verfahren sich empfiehlt, hängt davon ab, ob und in welcher Urkunde die Forderung ausgewiesen ist.

Vollstreckungsbescheide, deutsche Urteile, gerichtliche Vergleiche, Kostenfestsetzungsbeschlüsse und diverse andere vollstreckbare öffentliche Urkunden können aufgrund des Lugano-Übereinkommens auch in der Schweiz vollstreckt werden. Voraussetzung ist eine Bescheinigung des Gerichts nach dem sogenannten Lugano-Übereinkommen. Diese Bescheinigung stellt das Gericht aus, das den Entscheid erlassen hat. Der Entscheid muss dann in der Schweiz lediglich noch für vollstreckbar erklärt werden. Das hierzu erforderliche Verfahren (Exequaturverfahren) kann isoliert oder als Bestandteil eines anderen Verfahrens, zum Beispiel im Betreibungsverfahren, erfolgen.

Besteht ein gerichtlicher Entscheid oder wurde die Forderung vom Schuldner unterschriftlich anerkannt, kann die Rechtsöffnung in einem Summarverfahren erteilt werden. Mit der Rechtsöffnung wird der Rechtsvorschlag beseitigt, mit dem Rechtsöffnungsentscheid kann anschliessend die Betreibung fortgesetzt werden und es kommt zur Vollstreckung der Forderung.

Summarische Rechtsöffnung

Das Rechtsöffnungsverfahren ist summarisch: Der Sachverhalt ist lediglich zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft zu machen, vorwiegend durch Urkunden. Es findet im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren kein Schlichtungsversuch vor dem Friedensrichter statt, ein Einzelrichter entscheidet im Regelfall ohne mündliche Verhandlung und der Zeugen- oder Gutachtenbeweis ist ausgeschlossen.

Das Rechtsöffnungsverfahren hat in der deutschen Prozesslandschaft kein Pendant und bietet den Vorteil, dass es sehr schnell und im Verhältnis zum ordentlichen Zivilprozess wesentlich kostengünstiger ist.

Außerdem werden bei einer Rechtsöffnung aufgrund einer unterschriftlichen Schuldanerkennung die Parteirollen quasi vertauscht: Will der Schuldner trotz des gegen ihn aufgrund der vorgelegten Urkunden ergangenen Rechtsöffnungsent- scheides das Nichtbestehen der Forderung geltend machen, muss jetzt er anstelle des Gläubigers selbst ein (ordentliches) Gerichtsverfahren einleiten und hierfür die – im Vergleich zu Deutschland wesentlich höheren – Gerichtskosten vorschiessen (sogenanntes Aberkennungsverfahren).

Die Gerichtskosten des Rechtsöffnungsverfahren ergeben sich aus der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung sowie Konkurs und sind streitwertabhängig. Bis 10 000 CHF betragen diese maximal 500 CHF, bis 1 Million CHF maximal 1000 CHF. Hinzu kommen die – in der Schweiz nach Stundenaufwand berechneten – Anwaltskosten. Diese sind vorgängig mit dem Anwalt zu klären. Die Gerichts- und Anwaltskosten eines Prozesses sind vom verurteilten Schuldner zu erstatten.

Ordentliches Prozessverfahren

Fehlt ein gerichtlicher Entscheid oder eine unterschriftliche Schuldanerkennung, muss die Forderung in einem ordentlichen Prozessverfahren eingeklagt werden. Das Verfahren ist mit dem deutschen Zivilprozess vergleichbar.

In der Schweiz zwingend vorgeschaltet ist bis auf wenige Ausnahmefälle jedoch ein Schlichtungsversuch vor dem Friedensrichter. Die Kosten des Friedensrichters sind dabei erstattungsfähig, nicht jedoch die Anwaltskosten für den Schlichtungsversuch. Im ordentlichen Prozessverfahren sind alle Beweismittel zugelassen. Die Gerichts- und Anwaltskosten sind dann von der unterliegenden Partei zu tragen. An dieser Stelle der Hinweis, dass die Kosten im ordentlichen Verfahren in der Schweiz wesentlich höher sind als in Deutschland.

Sicherstellung von Forderungen

Der Gläubiger kann seine Forderung parallel zu einem laufenden Betreibungsverfahren sichern. Hierzu bestehen adäquate Sicherungsmittel. Das Sicherungmittel blockiert die von seiner Wirkung erfassten Vermögenswerte des Schuldners, zum Beispiel Bankkonten, Forderungen, Beteiligungen, Warenlager. Der Schuldner kann nicht mehr über die beschlagnahmten Konten oder Gegenstände verfügen.

Das einschlägige Verfahren zur Sicherstellung der Forderung eröffnet dem Gläubiger sehr effiziente Möglichkeiten zur Druckausübung auf den Schuldner.

Das Verfahren ist einseitig, der Schuldner wird vor Erlass des Entscheids nicht angehört. Das Verfahren hat eine erhebliche Überraschungswirkung und bringt erfahrungsgemäss schnell «Bewegung» in alle Forderungsangelegenheiten. Die Kosten sind vom Gläubiger vorzuschiessen und vom Schuldner zu übernehmen.

Fazit

Inkasso und Vollstreckung in der Schweiz sind für inländische wie für ausländische Gläubiger kalkulierbar, auch hinsichtlich der Kosten. Empfehlenswert ist die Konsultation eines in der Schweiz ansässigen und entsprechend spezialisierten Rechtsanwalts; wenn ein Inkassodienst in Anspruch genommen wird, muss dieser spätestens zur gerichtlichen Beseitigung des Rechtsvorschlags einen im Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwalt beiziehen.

Das schweizerische Recht ist auf eine effiziente Durchsetzung eines Forderungsanspruchs ausgelegt.

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