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krfacts Ausgabe November 2021 Die Freistellung im Arbeitsrecht

Veränderungen im Personalbereich treten in unterschiedlicher Art und Weise (Fn. 1) auf, zielen jedoch immer auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab.

Die Freistellung des Mitarbeitenden rückt vor allem bei der einvernehmlichen Vertragsaufhebung ins Blickfeld. Auch bei Kündigungen ist vielfach zu beobachten, dass ein weiterer Verbleib des Mitarbeitenden im Betrieb nicht erwünscht ist.

Bei einer vertraglichen Freistellung sind die Parteien freier, die Wirkungen der Freistellung zu gestalten. Dabei müssen jedoch die Rahmenbedingungen (Fn. 2) für eine gültige Aufhebungsvereinbarung beachtet werden. Zusätzlich kann durch einen klugen Vertragsvollzug eine abschliessende Entflechtung der Parteien mit gültiger Verzichtserklärung bewirkt werden. Da nicht in allen Fällen die Bereitschaft vorhanden ist, eine umfassende Aufhebungsvereinbarung abzuschliessen, sind bei einer Freistellung nach erfolgter Kündigung gewisse Punkte zu beachten. Die wichtigsten davon werden nachfolgend kurz beleuchtet.

Was ist eine Freistellung?

Bei der Freistellung im Arbeitsrecht weist der Arbeitgeber den Mitarbeitenden einseitig an, seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen zu müssen (sog. Freistellungserklärung). Mit der Freistellungserklärung stellt der Arbeitgeber klar, dass er die Arbeit des Mitarbeitenden nicht mehr annehmen will. Obwohl dies auch mündlich möglich ist, ist eine schriftliche, korrekt abgefasste Mitteilung vorzuziehen.

Der Lohn ist weiterhin geschuldet und die Einhaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Mitarbeitenden bleibt im Grundsatz bestehen. Von Bedeutung ist dabei insbesondere die Treuepflicht, welche während der Freistellung eine direkte Konkurrenzierung des bisherigen Arbeitgebers untersagt, und die aus der Treuepflicht fliessende Pflicht zur Geheimhaltung.

Ist eine Freistellung immer absolut?

Bei der Freistellung wird unterschieden, ob der Arbeitgeber grundsätzlich keine Arbeit mehr entgegennehmen will (sog. absolute Freistellung), oder ob trotz Freistellung eine gewisse Arbeitsleistung des Mitarbeitenden noch erwartet und einverlangt wird (sog. relative Freistellung).

Zu denken sind an Übergabearbeiten an den Nachfolger, das Bereithalten für Rückfragen des Arbeitgebers während der Freistellung oder wichtige Termine oder Einsätze, an welchen der Einsatz des Mitarbeitenden unerlässlich ist. Darüber hinaus kann eine befristete Freistellung nach einer Kündigung den Parteien auch eine Bedenkpause einräumen, ob allenfalls eine vorgeschlagene Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen und die Vertragsbeendigung einvernehmlich geregelt werden soll. Heikel wird es, wenn diese Freistellung zur Druckausübung missbraucht wird. In einem solchen Fall ist die Freistellung unzulässig.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die einseitig angeordnete Freistellung durch den Arbeitgeber und nicht auf die vertraglich vereinbarte Freistellung.

Welche Punkte sollte eine Freistellungserklärung mindestens enthalten?

Art der Freistellung

Die Erklärung muss klarstellen, ob eine absolute oder relative Freistellung ausgesprochen worden ist. Bei der relativen Freistellung sind die Umstände und Bedingungen für einen Arbeitseinsatz möglichst präzise zu umschreiben. Bei nicht bereits fixierten Terminen ist zudem ein Zeitpuffer zwischen der Aufforderung des Arbeitgebers und dem tatsächlichen Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers vorzusehen.

Lohn und variable Vergütungen (bzw. Lohnbestandteile)

Lohn und auch variable Vergütungen sind während der Freistellung zu den üblichen Fälligkeitsterminen geschuldet. Variable Lohnbestandteile haben meistens Konfliktpotential, unabhängig davon, ob eine Freistellung ausgesprochen worden ist oder nicht. In der Freistellungserklärung genügt daher ein einfacher Hinweis aus, dass der «übliche Lohn» bezahlt werde.

Um eine Beurteilung vornehmen zu können, ob und wenn ja in welchem Ausmass die Freistellung auf die variable Vergütung Einfluss hat, ist vorab die Qualifikation der fraglichen Vergütung (Fn. 3) vorzunehmen. Nur wenn es sich um einen geschuldeten Lohnanspruch handelt, stellt sich die Frage, ob die Freistellung darauf einen Einfluss hat. Dort, wo objektive Bemessungskriterien (EBITDA, Gewinn, etc.) die Höhe des variablen Lohnbestandteils bestimmen, hat die Freistellung keinen Einfluss. Bei nicht objektiven Bemessungskriterien (Fn. 4) kann, je nach Ausgangslage, im Grundsatz mit der sog. Referenzperiode (Fn. 5) der Durchschnittslohn aus der Vergangenheit für die Freistellungsdauer verwendet werden. Kritisch ist ein gänzlicher Wegfall der variablen Vergütung. Ein solcher Wegfall kann nur im Rahmen der Aufhebungsvereinbarung erreicht werden (vgl. Fn. 2).

Spesen, welche direkt mit der Arbeit in Verbindung stehen und tatsächlich nicht mehr anfallen, müssen nicht mehr bezahlt werden. Differenziert müssen Pauschalspesen oder Auslagen, welche nicht sofort (Fn. 6) ausgesetzt werden können, betrachtet werden.

Bezug von Guthaben aus Ferien, Überstunden- und Überzeitguthaben

Obwohl eine ausdrückliche Anordnung des Ferienbezugs nicht notwendig ist, empfiehlt sich eine solche. Gleiches gilt für die Kompensation von Überstunden- und Überzeitguthaben. Bei einem positiven Gleitzeitsaldo (Fn. 7) ist eine Kompensation fast uneingeschränkt möglich.

Ob und falls ja in welchem Umfang eine solche zulässig ist, ist im Einzelfall zu überprüfen. Als Faustregel, welche im Einzelfall ausgehebelt werden kann, gilt, dass rund ein Drittel der Freistellungstage für eine Reduktion dieser Guthaben zugänglich ist. Der Anspruch auf Ferien wächst während der Freistellung normal an, d.h. so wie wenn der Mitarbeitende gearbeitet hätte. Ob zu viel bezogene Ferientage mit Lohnansprüchen verrechnet werden können, ist im Einzelfall zu prüfen.

Für weitere Auskünfte über die Anrechnung von (Dritt-)Einkünften, Meldepflichten bei Krankheit und Unfall oder die damit zusammenhängenden Sperrfristen stehen wir gerne zur Verfügung.

  • Fn. 1: Kündigung, Aufhebungsvereinbarung, Konkurs, Tod
  • Fn. 2: Bei Aufhebungsvereinbarungen sind immer die gesetzlichen Schranken (bspw. die Unverzichtbarkeit gemäss Art. 341 OR) und die bundesgerichtliche Rechtsprechung (bspw. 4A_13/2018 vom 23. Oktober 2018) zu beachten.
  • Fn. 3: Zu unterscheiden ist zwischen einem geschuldeten Anspruch (variabler Lohnbestandteil oder unechte Gratifikation) und einer freiwilligen Leistung (echte Gratifikation).
  • Fn. 4: Eigenumsatzabhängiger Lohn, beispielsweise bei Provisionen etc.
  • Fn. 5: Etabliert hat sich eine Referenzperiode der letzten 06 bis 12 Monate.
  • Fn. 6: Beispielsweise einer Kündigungsfrist unterliegende Auslagen (Privatparkplatz für das Geschäftsauto etc.).
  • Fn. 7: Voraussetzung ist, dass die Parteien eine flexible Arbeitszeit (wie Gleitende Arbeitszeit, Variable Arbeitszeit, Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit, Jahresarbeitszeit etc.) vereinbart haben.

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