WOHNEN SCHWEIZ, 03/2022 Was bei Baumängeln zu beachten ist
Es gibt keine Baute, bei der Mängel kein Thema sind. In den meisten Werkverträgen für Bauarbeiten wird die Anwendbarkeit der SIA-Norm 118 vereinbart. Der heutige Ratgeber zeigt auf, was unter der SIA-Norm 118 bei Mängeln gilt.
Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk vom vertraglich vereinbarten Zustand abweicht – meist, weil es nicht den im Vertrag abgemachten Zustand aufweist.
Abnahme des Bauwerks
Für die Mängelrechte ist die Abnahme des Bauwerks zentral:
- Gemäss SIA-Norm 118 findet eine Abnahme mit gemeinsamer Prüfung statt. Der Unternehmer leitet sie mit der Anzeige ein, dass es das Werk fertiggestellt hat.
- Weist das Werk nur unwesentliche Mängel auf, muss es von der Bauherrschaft abgenommen werden. Leidet das Bauwerk an wesentlichen Mängeln, darf die Bauherrschaft die Abnahme zurückweisen.
- Alle bei der Abnahme festgestellten Mängel sind ins Abnahmeprotokoll aufzunehmen. Werden offensichtliche Mängel nicht aufgenommen, gelten sie als genehmigt. Die Mängelansprüche entfallen.
- Zeigt das Unternehmen die Vollendung an, unterbleibt innert Monatsfrist aber die formelle Abnahme, gilt das Werk als abgenommen.
Nachträglich entdeckte Mängel
- Während der Rügefrist von zwei Jahren kann die Bauherrschaft Mängel jederzeit rügen. Für in dieser Zeit entdeckte, aber nicht gerügte Mängel sind die Ansprüche verwirkt. Auf Verlangen einer Partei findet vor Ablauf der Rügefrist die Schlussprüfung statt. Deren Ergebnis ist zu protokollieren.
- Nach Ablauf der Rügefrist müssen Mängel in der Regel innert Wochenfrist gerügt werden.
- Nach fünf Jahren ab Abnahme tritt die Verjährung ein.
Mängelrechte
Bei rechtzeitig gerügten Mängeln hat die Bauherrschaft folgende Mängelrechte:
- Nachbesserung: nachträgliche Beseitigung des Mangels.
- Minderung: Ersatz des Minderwerts des Werks aufgrund des nicht beseitigten Mangels.
- Rücktritt: die Bauherrschaft verzichtet auf das Werk – das Unternehmen muss es zurücknehmen. Die Wandlung kann allerdings nur dann geltend gemacht werden, wenn die Annahme des Werks für die Bauherrschaft nicht zumutbar ist und dem Unternehmer daraus keine unverhältnismässigen Nachteile entstehen.
- Schadenersatz für Mangelfolgeschäden.
Beweislastverteilung
Während der Rügefrist von zwei Jahren ab Abnahme muss die Bauherrschaft den Sachverhalt nachweisen, der auf einen Mangel schliessen lässt. Das Unternehmen muss dann beweisen, dass das Werk mängelfrei ist. Nach Ablauf der zwei Jahre muss der Bauherr den Mangel beweisen.
Verjährung
Mängelansprüche an unbeweglichen Bauwerken verjähren mit Ablauf von fünf Jahren seit der Abnahme. Wenn der Unternehmer einen Mangel böswillig verschwiegen hat, tritt die Verjährung nach zehn Jahren ein. Erhebt der Unternehmer die Verjährungseinrede, kann der Mangelanspruch nicht mehr durchgesetzt werden. Bei Baumängeln kann die Verjährungsfrist durch Einreichung eines Schlichtungsgesuchs oder durch eine Schuldanerkennung des Unternehmers unterbrochen werden. Eine Betreibung reicht in aller Regel nicht. In der Praxis wird auf die Unterbrechung der Verjährung häufig verzichtet. Der Unternehmer gibt stattdessen die Erklärung ab, auf die Einrede der Verjährung für eine bestimmte Zeit zu verzichten.