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KMU-Magazin Nr. 6, Juni 2023 Schweiz und USA: «Never bet against America»

Warren Buffett glaubt an den amerikanischen Traum und im jährlichen Aktionärsbrief von Berkshire Hathaway 2021 verewigt Buffett sein Sprichwort, «niemals gegen Amerika zu wetten.» Und das mitten in der Pandemie – entweder manischer amerikanischer Optimismus, eine mutige Aussage von einem Investitionsgenie oder ein bisschen von beidem.

Amerika floriert, und mit einem Bruttoinlandsprodukt von knapp 25,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2022 (gemäss Statista) macht dies die USA mit Abstand zur grössten Volkswirtschaft der Welt. Viele meinen, das Land wird diesen Spitzenplatz trotz allen globalen und nationalen Schwierigkeiten noch länger gegen den grössten Konkurrenten, China (2022 BIP 18,1 Billionen US-Dollar), verteidigen können.

Der Dollar bleibt die Weltwährung und die New Yorker Börse und auch die Tech-Börse Nasdaq dominieren die globale Finanzwelt mit einem Handelsvolumen von zusammen rund 57 Billionen US-Dollar. Darum sagt der König der Investoren Warren Buffett: «Wette nie gegen Amerika.»

Buffett schrieb weiter und sagte: «Erfolgsgeschichten gibt es überall in Amerika. Seit der Geburt unseres Landes haben Menschen mit einer Idee, Ehrgeiz und oft nur wenig Kapital einen Erfolg erzielt, der ihre Träume übersteigt, indem sie etwas Neues geschaffen oder die Erfahrungen der Kunden mit etwas Altem verbessert haben.»

Erfolgsgeschichte Schweiz

Es scheint, die Schweizer, die auch den Ruf als kühne Investoren haben, sind dem Rat von Buffett schon längst entweder bewusst oder unbewusst gefolgt. Schweizer Unternehmen erleben einen Boom in den USA und die zwei Wirtschaften bringen sich gegenseitig Erfolg. Der Handel zwischen den beiden Ländern hat sich dynamisch entwickelt.

Zum ersten Mal seit 70 Jahren war gemäss Bundesamt für Statistik im Jahr 2021 der wichtigste Exportmarkt der Schweiz nicht mehr Deutschland, sondern es waren die USA. Mit Exporten im Wert von 57,7 Milliarden Schweizer Franken wurden die USA zur wichtigsten Exportdestination für Schweizer Waren.

Die Vereinigten Staaten sind für die Schweiz auch das wichtigste Ziel für Ausländische Direktinvestitionen (FDI) – wichtiger als Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich zusammen. Mit Direktinvestitionen in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar steht die Schweiz auf Platz 7 der ausländischen Investoren in den Vereinigten Staaten.

Zudem schaffen Schweizer Unternehmen direkt eine halbe Million Arbeitsplätze in den USA. Umgekehrt importierte die Schweiz im Jahr 2021 Güter im Wert von 22,2 Milliarden US-Dollar aus den Vereinigten Staaten. Die rund 1100 US-Unternehmen in der Schweiz beschäftigten knapp 100 000 Erwerbstätige.

The Swiss are coming

Unsere Kanzlei, die national und auch international mit dem US-Desk und dem German-Desk tätig ist, ist in der Zentralschweiz zu Hause. Gemeinsamkeiten zwischen «Middle America» und der Zentralschweiz sind offenkundig: Qualität, harte Arbeit und Selbstverantwortung werden grossgeschrieben und stärken diese bilaterale Beziehung.

Diese Beziehungen reichen weit zurück und sind Bausteine auf dem Weg zum Erfolg. Solche Erfolgsgeschichten kennt eine der Autorinnen persönlich, spielt sie sich doch in ihrem Heimatstaat South Carolina ab.

Anfang 1960 machten zwei Schweizer Textilmaschinenhersteller, die Firma Rieter und die Gebrüder Sulzer aus Winterthur, Spartanburg im Bundesstaat South Carolina zu ihrem amerikanischen Hauptsitz. Diese Schweizer Pioniere waren überzeugt, dass die Vorteile einer Vertriebs- und Serviceniederlassung in der Nähe ihrer Kunden der Schlüssel zum Erfolg sein würde – ein Risiko, das sich damals und heute auszahlt. Weitere Europäische Unternehmen wie Hoechst, BMW, Michelin, Rhone-Poulenc und Ciba-Geigy folgten.

Die Überlegung, nah am Kunden zu sein, lohnt sich noch immer und ist auch spürbarer Hauptgrund für jüngste Investitionen von Schweizer Unternehmen in den USA. Nehmen wir als Beispiel die Swiss Krono Group, der weltweite Riese für Laminatfussböden und Bauprodukte mit Sitz in Barnwell, South Carolina. Swiss Krono produziert täglich rund sieben Fussballfelder an Laminatböden – das sind 2555 Fussballfelder pro Jahr. Die Erstinvestition des Unternehmens in Barnwell erfolgte im Jahr 2005, gefolgt von einer Expansion in Höhe von 45 Millionen US-Dollar und der jüngsten Expansion im Jahr 2016 von 230 Millionen US-Dollar.

Laut Martin Brettenthaler, CEO der Swiss Krono Group, lagen die folgenden Überlegungen zugrunde: «Barnwell ist der perfekte Standort: Es gibt genügend Platz, um eine hervorragend funktionierende Produktion aufzubauen, die Holzversorgung ist gesichert, es gibt hervorragende Bedingungen für die Logistik und hochqualifizierte Arbeitskräfte vor Ort. Die Investition im Jahr 2016 war die logische Konsequenz der Weiterentwicklung des Standortes, um das Unternehmen an die Erwartungen und Anforderungen des Marktes anzupassen.»

Brettenthaler unterstreicht zudem die Bedeutung der ausländischen Direktinvestition in South Carolina: «Der Standort Barnwell soll eine Schlüsselrolle bei der globalen Expansion des Unternehmens spielen. Nach dem Motto: Think global, act local, können wir mit unserer lokalen Produktion unsere Kunden in den USA viel besser erreichen und bedienen und uns so flexibler auf ihre Bedürfnisse einstellen. Gleichzeitig können wir durch die lokale Produktion auch umweltbewusster handeln, indem wir zum Beispiel Importe vermeiden.»

Auch die Pilatus Flugzeugwerke AG machte letztes Jahr Schlagzeilen, als es das langjährige Flugzeugverkaufs- und Servicecenter Skytech mit Standorten in Rock Hill, South Carolina und Baltimore, Maryland, kaufte. Mit der Pilatus Business Aircraft Ltd verfügt die Pilatus Flugzeugwerke AG zudem bereits seit 26 Jahren über eine Tochtergesellschaft, die in Colorado ansässig ist. Mit der Akquisition im Jahr 2022 erweiterte Pilatus ihr direktes Engagement im US-Markt und expandierte ihre Tätigkeit an die Ostküste der USA.

Zwischen Trump und Biden

In einem früheren «KMU-Magazin»-Artikel aus dem Jahr 2018 schrieben wir, dass mit dem Inkrafttreten des «Tax Cuts and Jobs Act» am 22. Dezember 2017 in den USA die bedeutendste Steuerreform seit der Reagan-Ära Wirklichkeit geworden ist.

Die in dem Gesetzespaket enthaltenen Regelungen sollen vorrangig zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von US-Unternehmen auf dem Weltmarkt dienen und sollen gleichzeitig die US-Konjunktur ankurbeln. Hauptteil des Acts sind vor allem die Senkung des Konzernsteuersatzes von derzeit 35 Prozent auf 21 Prozent, die Einführung der steuerlichen Sofortabzugsfähigkeit von Anschaffungskosten für bestimmte Wirtschaftsgüter sowie die Neugestaltung des internationalen Steuerrechts. Während die Steueränderungen für natürliche Personen bis zum 31. Dezember 2025 befristet sind, sind die Änderungen im Konzernsteuerrecht unbefristet.

Oft wird gefragt, ob Trumps Steuerreform noch in Kraft ist. Die einfache Antwort ist Ja. Trumps Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) ist immer noch in Kraft. Seit der Verabschiedung des TCJA wurden zwar einige Änderungen am Steuergesetzbuch vorgeschlagen, wie der von Präsident Biden vorgeschlagene «American Jobs Plan» und der «American Families Plan», aber keiner dieser Vorschläge wurde bisher in ein Gesetz umgesetzt. Daher bleibt der TCJA das derzeitige Gesetz des Landes, wenn es um die Bundessteuern geht.

Mögliche Steueränderungen

Die von der Regierung Biden vorgeschlagenen Pläne «American Jobs Plan» und «American Families Plan» hätten erhebliche Auswirkungen auf die Steuern, wenn sie denn Gesetz würden. Einige der vorgeschlagenen Steueränderungen umfassen:

  • Anhebung des Körperschaftssteuersatzes: Im «American Jobs Plan» wird vorgeschlagen, den Körperschaftssteuersatz von 21 Prozent auf 28 Prozent zu erhöhen. Dies würde die durch den TCJA im Jahr 2017 vorgenommene Senkung des Körperschaftssteuersatzes teilweise rückgängig machen.
  • Erhöhung der Steuern für Personen mit hohem Einkommen: Der «American Families Plan» schlägt vor, den Spitzengrenzsteuersatz von 37 Prozent auf 39,6 Prozent zu erhöhen und diesen Satz auf Personen anzuwenden, die mehr als 400 000 US-Dollar pro Jahr verdienen. Außerdem wird vorgeschlagen, den Steuersatz für Kapitalerträge für Personen mit einem Jahreseinkommen von mehr als 1 Million US-Dollar zu erhöhen.
  • Schliessen von Steuerschlupflöchern: Es wird vorgeschlagen, verschiedene Steuerschlupflöcher zu schliessen, einschliesslich derer im Zusammenhang mit Immobilien, und die Durchsetzung der Steuergesetze zu verbessern.
  • Erhöhung der Steuern für multinationale Konzerne: In den Plänen wird vorgeschlagen, die Mindeststeuer auf Auslandsgewinne von US-Unternehmen zu erhöhen und es multinationalen Unternehmen zu erschweren, Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern.

Wichtig zu beachten ist, dass diese Vorschläge noch nicht in einem Gesetz umgesetzt wurden und die Details von den aktuellen Vorschlägen abweichen können. Ausserdem könnten die vorgeschlagenen Steueränderungen auf Widerstand stossen und im Kongress verhandelt werden müssen. Damit die Pläne in Kraft treten können, müssen sie sowohl vom Repräsentantenhaus als auch vom Senat verabschiedet und anschliessend vom Präsidenten unterzeichnet werden. Die Demokraten verfügen derzeit über eine knappe Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses, was die Verabschiedung der Pläne im Rahmen eines Haushaltsüberleitungsprozesses erleichtern könnte, obwohl auch dieser Prozess seine eigenen Einschränkungen und Anforderungen hat.

Letztendlich wird das Schicksal des «American Jobs Plan» und des «American Families Plan» von den politischen Verhandlungen und Kompromissen abhängen, die in den kommenden Monaten im Kongress geführt werden.

Export und Investitionen

Ein weiterer legislativer Meilenstein mit Einfluss auf Export und Investitionen, der Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA), wurde am 15. November 2021 unterzeichnet und sieht neue Ausgaben in Höhe von rund 550 Milliarden US-Dollar (zirka 1 700 US-Dollar pro Person in den USA) vor. Dabei handelt es sich um die höchsten staatlichen Mittel für die Infrastruktur seit über einem Jahrzehnt. Zusammen mit den bereits vorhandenen Mitteln wird der IIJA in den nächsten zehn Jahren 1,2 Billionen US-Dollar für Projekte wie Strassen, Brücken, öffentlicher Nahverkehr, Breitband und saubere Energie bereitstellen.

Die Mittel aus dem IIJA werden je nach Programm oder Projekt von verschiedenen Bundesbehörden verwaltet. Da Strassen und Brücken den grössten Teil der Mittel ausmachen, hat das Verkehrsministerium (DOT) die grösste Aufsicht über die IIJA-Mittel, aber auch andere Behörden sind für verschiedene Infrastrukturprojekte zuständig:

  • Breitbandinfrastrukturprojekte werden von der Federal Communications Commission gefördert.
  • Die Wasserinfrastruktur, einschliesslich der Modernisierung von Trinkwasser- und Abwassersystemen, wird von der Environmental Protection Agency verwaltet.
  • Energiebezogene Projekte, darunter Ladestationen für Elektrofahrzeuge und die Modernisierung des nationalen Stromnetzes, werden vom Energieministerium geleitet.
  • Die Entwicklung regionaler Innovationsstrategien zur Förderung des Wirtschaftswachstums durch Innovation und Unternehmertum wird vom Handelsministerium beaufsichtigt.

Schweizer CEOs, Wirtschaftsführer und Unternehmen begrüssen den Plan von Präsident Biden und sehen ihn als eine langfristige Investitionsmöglichkeit. Im Artikel Swiss Direct Investment Supports U.S. Economy von The Business Report signalisiert Jan Jenisch, CEO von Holcim, dass die USA eine Priorität für die Eröffnung neuer Fabriken und neuer Produktlinien sind. Oerlikon ist ein weiteres Unternehmen, das die USA als einen wichtigen Markt ansieht.

Oerlikon weist eine Reihe von Investitionen in den USA auf; von einer 55 Millionen US-Dollar teuren Produktionsanlage in North Carolina bis hin zu einer 50 Millionen US-Dollar teuren Fertigungsanlage in Michigan. Oerlikon hat bereits 32 Niederlassungen und 1200 Mitarbeitende in den USA und hofft auf bi- und multilaterales Engagement, unter anderem bei den Themen Datenschutz und Steuern.

«Buy American» ist ebenfalls Teil des IIJAs und zielt darauf ab, die Verwendung von Waren, Produkten, Materialien und Dienstleistungen, die in den Vereinigten Staaten hergestellt oder erbracht werden, zu bevorzugen. Diese Bedingungen sind wichtig für öffentliche Ausschreibungen von Infrastrukturprojekten, die mit Bundesgeldern mitfinanziert werden. Neu fallen nicht nur Eisen, Stahl und Industriegüter unter die Regelung, sondern auch weitere Sektoren und Materialien wie nichteisenhaltige Metalle, Polymere, Fiberglas und Werkstoffe, die zum Beispiel im Holz- und Trockenbau Verwendung finden.

In Bau- und Elektrofahrzeugindustrien gab es diesbezüglich schon ersten Pushback und Forderungen nach Ausnahmen und Befreiungen. Argumentiert wird, dass die Unterbrechung der Versorgungskette durch die Pandemie die Kosten für Baumaterialien in die Höhe getrieben hat und die Liefertermine für Projekte und die Verfügbarkeit von Produkten unsicherer gemacht hat. Die vorgeschlagenen Standards werden vom Office of Management and Budget entwickelt und würden es den Bundesbehörden erlauben, in bestimmten Fällen auf die Beschaffungsanforderungen zu verzichten, wenn in den USA hergestellte Materialien nicht verfügbar sind oder die Kosten zu hoch sind.

Fazit

Obwohl die neue Gesetzgebung auf einigen Widerstand gestossen ist und auch noch nicht alle Hürden überwunden sind, sieht die US-Regierung sie als Schlüssel zur Förderung von Arbeitsplätzen und Wachstum in der amerikanischen Industrie. Schweizer Unternehmen sind bestens gerüstet, diese Chance zu nutzen und sind gut beraten, weiterhin auf Amerika zu setzen.

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