drw-flash Ausgabe April 2004 Informationen zum neuen Kartellrecht

Während bis anhin die Möglichkeiten der Wettbewerbskommission (Weko) im Kampf gegen unzulässige Wettbewerbsabreden eher bescheiden waren, wurden mit der Revision des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) per 01. April 2004 einige griffige Neuerungen eingeführt.

  • Augenfälligste Neuerung ist die Einführung direkter Sanktionen. Die Weko kann neu Bussen aussprechen, welche bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Jahren erzielten Umsatzes ausmachen können. Mit Busse belegt werden können Preis-, Mengen- und Gebietsabreden zwischen Unternehmen auf gleicher Marktstufe (sog. horizontale Wettbewerbsabreden), aber auch Abreden zwischen Hersteller, Importeur und Händler (sog. vertikale Wettbewerbsabreden). Auch marktbeherrschende Unternehmen, welche ihre Position im Markt missbräuchlich ausüben (mittels Liefersperren, unangemessenen Preisen, Erzwingen von Koppelungsgeschäften usw.), müssen mit Sanktionen rechnen. Solche Sanktionen sind in den USA und den meisten europäischen Ländern bereits gang und gäbe. Die Schweiz hat sich in diesem Bereich nun auch dem internationalen Standard angepasst. Die direkte Sanktionierung von Wettbewerbsabreden soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers senkend auf das Hochpreisniveau in der Schweiz auswirken. Die Auswirkungen auf die Konsumentenpreise werden sich wohl nicht sofort bemerkbar machen. Die Übergangsfrist erlaubt nämlich den Unternehmen, schädliche Wettbewerbsabreden spätestens bis zum 31. März 2005 aufzulösen oder zu melden, ohne dass Sanktionen ausgesprochen werden.
  • Wer mit der Weko kooperiert und Informationen zur Aufdeckung von unzulässigen Abreden zur Verfügung stellt, kann mit einem vollständigen oder partiellen Erlass der Busse rechnen. Diese „Bonusregelung“ wird in den USA und in der EU ebenfalls schon seit einiger Zeit angeboten und ist bereits von Kartell-Mitgliedern tatsächlich genutzt worden.
  • Um das Risiko hoher Bussen zu minimieren, haben Unternehmen die Möglichkeit, geplante Wettbewerbsabreden zu melden und sie durch die Weko überprüfen zu lassen. Eröffnet die Weko innert fünf Monaten nach der Meldung weder eine Vorabklärung noch eine Untersuchung, so gilt die Abrede als unbedenklich und wird keine Sanktionen nach sich ziehen.
  • Die Tendenz, der Bedeutung und der speziellen Situation der KMU mit Spezialnormen entgegenzukommen, setzt sich auch im Kartellgesetz fort. Neu ist explizit festgehalten, dass Abreden mit dem Zweck, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu verbessern, als gerechtfertigt gelten können, sofern sie nur eine beschränkte Marktwirkung aufweisen.
  • verfahrensrechtlicher Hinsicht wurden der Weko neue Kompetenzen zugestanden. Die Weko kann künftig auch Hausdurchsuchungen durchführen lassen und Beweismaterial beschlagnahmen.

Unternehmen sollten nun die Übergangsfrist nutzen, ihr bestehendes Vertragsnetzwerk auf wettbewerbswidrige Abreden zu überprüfen. Klar unzulässige Wettbewerbsabreden sind bis zum 31.März 2005 aufzuheben.

Für weitere Fragen stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte Hubert Rüedi und Christian Leupi gerne zur Verfügung.

Beitrag veröffentlicht am
8. April 2004

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