Clinicum 5-17, Beendigung des Arbeitsvertrags durch Aufhebungsvereinbarung Früher oder später
Jeder Betriebsinhaber oder Mitarbeiter mit Führungsfunktion wird sich früher oder später von einem Mitarbeiter trennen müssen. Häufig anzutreffen ist dabei der Wunsch, dass anlässlich der Beendigung klare Verhältnisse geschaffen werden und die Auseinandersetzung – soweit möglich – ohne grössere Friktionen umgesetzt werden kann. Die Kündigungsgespräche sind umfassend und optimal vorzubereiten. Neben dem richtigen Zeitpunkt und den richtigen Worten, ist die Kenntnis der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von gleichwertiger Bedeutung. Insbesondere der Aufhebungsvertrag bietet beste Voraussetzungen, um ein friedliches Auseinandergehen zu ermöglichen.
Im Grundsatz ist das Arbeitsverhältnis einseitig durch (ordentliche oder fristlose) Kündigung oder einvernehmlich durch eine Aufhebungsvereinbarung aufzulösen. Ist der Entschluss seitens des Arbeitgebers gefasst, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, stellt sich die Frage, wie dieser Entschluss umgesetzt werden soll.
Ist die Kündigung sogleich auszusprechen oder damit zuzuwarten? Ist nur die Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich einer Aufhebungsvereinbarung zu signalisieren? Diese Fragen sind individuell zu beantworten, da die Reaktion des Mitarbeiters ganz unterschiedlich ausfallen kann. Wird mit der Kündigung zugewartet, kann der Mitarbeiter nach Kenntnis der beabsichtigten Trennung (berechtigter- oder unberechtigterweise) versucht sein, sich krankschreiben zu lassen. Zudem ist es insbesondere bei psychischen Krankheiten schwierig festzustellen, ob tatsächlich eine Arbeitsverhinderung vorliegt oder nicht. Eine Kündigung kann in diesem Fall nicht bzw. erst nach Ablauf der Sperrfrist ausgesprochen werden. Die Sperrfristen betragen abhängig vom Dienstjahr zwischen 30 bis 180 Tage (Art. 336c OR).
In Situationen, in welchen Unsicherheiten mit Bezug auf das künftige Verhalten des Mitarbeiters bestehen, ist die Kündigung mit gleichzeitiger Aushändigung der Aufhebungsvereinbarung zur Stellungnahme klar vorzuziehen. Zulässig ist es nämlich, auch bereits nach ausgesprochener Kündigung eine Aufhebungsvereinbarung abzuschliessen.
Beidseitige Chancen und Risiken
Eine Aufhebungsvereinbarung muss zwingend für beide Parteien Vorteile beinhalten. Der Arbeitnehmer profitiert davon, flexibel eine neue Arbeitsstelle antreten zu können und – neben einer allenfalls vorgesehenen zusätzlichen Entschädigung – Klarheit über seine Ansprüche zu haben. Um nicht eine Kürzung der Arbeitslosengelder zu riskieren, müssten in der Aufhebungsvereinbarung seine Lohnansprüche bis zum Ende der ordentlichen Vertragslaufzeit abgebildet sein.
Für den Arbeitgeber winken klare Verhältnisse mit Bezug auf das Vertragsende, d.h. unfall- oder krankheitsbedingte Verlängerungen der Kündigungsfrist und eine Anfechtung wegen missbräuchlicher Kündigung entfallen grundsätzlich, sofern dies explizit vereinbart ist. Zudem schützt eine vereinbarte Saldoklausel im Grundsatz vor nachträglichen Forderungen des Mitarbeiters. Die Aufwendungen für die Ausarbeitung der Aufhebungsvereinbarung gehen fast immer zu Lasten des Arbeitgebers.
Die Erfahrung zeigt, dass mit der einvernehmlichen Beendigung gerade bei schwierigen Konstellationen beide Parteien ihr Gesicht wahren und sämtliche mit der Aufl ösung des Arbeitsvertrages zusammenhängenden Punkte, inklusive Arbeitszeugnis und Kommunikation zur Beendigung schneller und fairer gelöst werden können.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind nun zu beachten, damit gültig eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen werden kann?
Obwohl eine Aufhebungsvereinbarung formlos, d.h. unter gewissen Umständen auch konkludent geschlossen werden könnte, empfiehlt sich wie immer die Schriftlichkeit. Konkludent geschlossene Aufhebungsvereinbarungen werden nur mit Zurückhaltung angenommen und müssen sich aus dem Verhalten der Parteien unmissverständlich und zweifelsfrei ergeben.
Sofern der Endtermin gemäss Aufhebungsvereinbarung nicht mit dem ordentlichen Beendigungszeitpunkt korrespondiert, ist besondere Achtsamkeit angezeigt. Es stellt sich nämlich die Frage, ob der Arbeitnehmer auf zwingende Ansprüche verzichtet hat und diese auch entschädigt worden sind. Denn es widerspricht gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Mitarbeiter auf derartige Vorteile ohne Gegenleistung verzichten würde.
Gemäss Rechtsprechung ist daher im Rahmen einer Prüfung zu beurteilen, ob jede Partei in ungefähr gleichwertiger Art und Weise auf Ansprüche verzichtet hat. Ist diese Gleichwertigkeit nicht gegeben, ist die Aufhebungsvereinbarung nicht gültig zu Stande gekommen.
Um derartige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist daher der Endtermin idealerweise auf den ordentlichen Beendigungszeitpunkt zu legen. Zudem kann als (noch nicht gesicherte) Faustregel gelten, dass sämtliche Ansprüche bis zum ordentlichen Beendigungszeitpunkt berücksichtigt werden müssen. Wird von diesem Grundsatz abgewichen, ist dies im Vertrag explizit zu rechtfertigen und zu begründen.
Schliesslich verlangt das Bundesgericht, dass der Arbeitnehmer eine angemessene Bedenkfrist erhält, bevor er die Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet. Zum Schutz des Arbeitnehmers müsse dieser genügend Zeit haben, sich über die Folgen einer Aufhebungsvereinbarung informieren zu können. Wie lange diese Bedenkfrist sein muss, ist unklar. Eine Frist von mindestens fünf Werktagen erachten wir als angemessen.
Rechtsfolgen
Werden die Grundsätze der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei der Ausarbeitung einer Aufhebungsvereinbarung verletzt, geht das Bundesgericht von einer Nichtigkeit des Vertrages aus. Ungeklärt ist aber bis heute, was die konkreten Rechtsfolgen genau sein sollen. Gemäss Lehre ist bis zur Klärung dieser Frage davon auszugehen, dass in Anlehnung an die ungerechtfertigte fristlose Entlassung diejenigen Ansprüche abzugelten sind, welche entstanden wären, wenn die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten worden wäre. In Fällen, in denen während der Kündigungsfrist eine unverschuldete Arbeitsverhinderung (Krankheit, Unfall, Schwangerschaft etc.) eingetreten ist, können ungeahnte finanzielle Folgen auftreten.
Checkliste
Typische Vertragsinhalte von Aufhebungsvereinbarungen sind stichwortartig die Folgenden:
– Aufhebung im gegenseitigen Einvernehmen
– Initiative für Aufhebung initiiert durch [Benennung]. Aufhebung per [Datum]
– Ansprüche als Bruttoangaben, fällig per [Datum]
– Lohn (inkl. 13. ML)
– Spesen (PW, Benzin, Mobiltelefon, etc.)
– Bonus
– Guthaben (Ferien, Überstunden und Überzeit)
– Freistellung und Ersatzeinkommen bei anderen Arbeitgeber
– Rückgabe (Schlüssel, SecurID, Badge, Kreditkarte, Mobiltelefon, PW, PC, etc.)
– Immaterialgüterrechte
– Geheimhaltungsklausel hinsichtlich Tätigkeit
– Konkurrenzverbot
– Möglichkeit zum Einkauf der Leistungen als «Vorsorgecharakter»
– Kommunikation / Sprachregelung
– Outplacement
– Arbeitszeugnis
– Abtretungs- und Verrechnungsverbot
– Verschwiegenheit betr. Aufhebungsvereinbarung
– Saldoklausel
– Schlussbestimmungen
– Schriftformabrede
– Salvatorische Klausel
– Anwendbares Recht
– Gerichtsstand