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Clinicum 1-17, Handhabe einer Publikation von fragwürdigen Kundenrezensionen auf Bewertungsplattformen im Internet Bewertungen medizinischer Dienstleistungen im Internet

In der Schweiz gibt es mittlerweile zahlreiche Portale zur Bewertung von medizinischen Dienstleistungen. Im Vergleich mit dem Ausland werden sie allerdings noch wenig genutzt. Ihre wirtschaftliche Bedeutung wird allerdings zunehmend grösser. Werden negative Bewertungen auf solchen Portalen publiziert, stellt sich daher immer häufiger die Frage hinsichtlich allfälliger rechtlicher Massnahmen. Das insbesondere auch, weil solche Portale die Stellungnahmen der bewerteten medizinischen Dienstleister oft nicht oder dann nur ungenügend berücksichtigen. Für die Dienstleister ist es daher wichtig, ihre Rechte in diesem Zusammenhang zu kennen und zu wissen, wie sie diese vor Gericht durchsetzen können.

Plattformen für Kundenrezensionen gibt es seit mehr als 15 Jahren. Bekanntestes Beispiel für eine solche Plattform ist die Suchmaschine Google. Über sie können Unternehmen und damit auch medizinische Dienstleistungen bewertet werden. Daneben haben sich zahlreiche branchenspezifische Portale etabliert, so auch im Bereich der medizinischen Dienstleistungen. Ihre Bedeutung für den wirtschaftlichen Wettbewerb ist sehr gross. Gemäss einer repräsentativen Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung haben in Deutschland bereits vor fünf Jahren mehr als 20 Prozent der Patienten bei der Auswahl des geeigneten Mediziners auf ein Ärztebewertungsportal zurückgegriffen. In den vergangenen fünf Jahren hat nicht nur die Akzeptanz solcher Bewertungsplattformen, sondern auch deren Verbreitung stark zugenommen, so auch in der Schweiz.

Für Schweizer Ärzte bedeutsam sind gegenwärtig die in Tabelle 1 angeführten Bewertungsplattformen. Hinzu kommt, dass positive und negative Bewertungen über medizinische Dienstleistungen nicht nur über Portale, Plattformen und Telefonverzeichnisse ausgetauscht werden. Vielmehr findet dieser Austausch auch zunehmend über die sozialen Medien, wie Facebook, Twitter und so weiter statt.

Ist ein Eintrag in einer Bewertungsplattform oder in den sozialen Medien einmal erfolgt, lässt sich dessen Verbreitung fast nicht mehr kontrollieren. Entsprechende Stellungnahmen der betroffenen medizinischen Dienstleister sind daher kaum mehr gezielt möglich. Es stellt sich für Mediziner insofern schnell einmal die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten gegenüber Portalen oder Anbietern von sozialen Medien bestehen, um gegen falsche, verunglimpfende und damit sie schädigende Einträge vorgehen zu können. Hierbei bestehen verschiedene Ansatzpunkte:

Auf welche Gesetze gestützt kann ein Dienstleister rechtliche gegen ungewollte Bewertungen und Kommentare vorgehen?

Datenschutzgesetz

Bewertungsplattformen und soziale Medien sammeln, bewerten und verbreiten Daten. Ihre Tätigkeit fällt daher grundsätzlich unter das Datenschutzgesetz. Dessen Vorschriften müssen somit von den Betreibern der Plattformen eingehalten werden. Das Betreiben von Bewertungsplattformen für medizinische Dienstleistungen und deren damit einhergehende Bewertung ist nach Ansicht des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten mit dem Datenschutzgesetz grundsätzlich vereinbar. Jedenfalls dann, wenn die betroffenen Dienstleister auf die Bewertungen verzichten können. Im Einzelnen hat der Datenschutzbeauftragte in diesem Zusammenhang folgende Empfehlungen erlassen:

– Positive Bewertungen und Kommentare zu medizinischen Dienstleistern dürfen aufbewahrt und bearbeitet werden, wenn der betroffene Dienstleister vom Portal informiert wird und er sich nicht gegen die Datenbearbeitung ausspricht (stillschweigendes Einverständnis).

– Die Reaktivierung von Bewertungen und Kommentaren, denen sich der Dienstleister widersetzt hat, ist auf neuen Webseiten nur zulässig, wenn sich der Dienstleister nach vorgängiger Information mit der Bewertung auf der neuen Webseite ausdrücklich einverstanden erklärt.

– Die Personalien müssen von Plattformen entfernt werden, wenn der Dienstleister dies verlangt. Sie können nur fallweise wieder aufgenommen werden, wenn nach Zusendung eines Informationsschreibens an einen medizinischen Dienstleister, der zuvor die Entfernung der ihn betreffenden Verkehrsdaten ersucht hatte, dieser ausdrücklich zustimmt oder fordert.

Weiterführende Empfehlungen hat das deutsche Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Jahr 2012 in einem Anforderungskatalog an Arztbewertungsportale zusammengefasst.

Werden die oben erwähnte Grundsätze verletzt, kann sich ein medizinischer Dienstleister unter Umständen mit den vom Datenschutzgesetz zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfen gegen eine Bewertung auf einer Online-Plattform zur Wehr setzen.

Wettbewerbsrecht

Das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb soll die Marktbeteiligten vor eben solchem Wettbewerb schützen. Unlauter handelt insbesondere, wer Leistungen anderer oder ihre Geschäftsverhältnisse durch unrichtige, irreführende oder Äusserungen begünstig oder herabsetzt (Art. 3 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Das Wettbewerbsrecht verbietet demnach insbesondere den «Kauf» von ausschliesslich guten Bewertungen sowie die unsachgemässe Diffamierung von Mitbewerbern. Verletzungen gegen den Wettbewerb können privat-, verwaltungs- und strafrechtlich geahndet werden und bieten insbesondere aufgrund der möglichen Beweislastumkehr eine rechtliche Handhabe, um juristisch gegen eine fragwürdige Bewertung vorzugehen.

Strafrecht

Verleumdung und Beschimpfungen sind strafrechtlich relevant (Art. 174 und Art. 177 Strafgesetzbuch). Das ist auch dann der Fall, wenn ehrverletzende Äusserungen in Form einer Bewertung auf einem öffentlich zugänglichen Bewertungsportal gemacht wurden. Strafrechtliche relevante Ehrverletzungen können eingeklagt werden. Zu beachten ist in dem Zusammenhang, dass die meisten Portale auch Bewertungen von unbekannten Personen lediglich nach der Bekanntgabe einer E-Mail Adresse entgegennehmen. Eine strafrechtliche Klage kann dazu führen, dass der Betreiber dieser Plattform verpflichtet wird, diese E-Mail Adresse und allenfalls weitere Personalien den Strafbehörden und somit auch der Privatklägerschaft bekanntzugeben, welches in der Folge weitere Klagen vereinfacht.

Zivilrecht

Auch das Zivilgesetzbuch stellt dem betroffenen medizinischen Dienstleister eine Schutznorm zur Verfügung, mit der er sich gegen ungewollte Bewertungen und Kommentare zur Wehr setzen kann. Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte ist nach Art. 28 des Zivilgesetzbuches (ZGB) nämlich nicht zulässig. Verletzt eine Bewertung oder ein Kommentar im Internet ein solches Persönlichkeitsrecht, kann sich der Betroffene mit den von Art. 28 ZGB zur Verfügung gestellten Mitteln zur Wehr setzen. Von dieser Möglichkeit wird aufgrund der Beweislastverteilung und der Kosten im Zivilverfahren allerdings nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht. Es gibt bis dato daher auch kaum höchstrichterliche Rechtsprechung.

Grundrechte

Die Betreiber der Ärztebewertungsplattformen können sich auf Grundrecht berufen und darlegen, dass Sie und die Nutzer der Portale von der Meinungsfreiheit (Art. 16 der Bundesverfassung) Gebrauch machen wollen. Auch die Medien- und Wirtschaftsfreiheit (Art. 17 und Art. 27 der Bundesverfassung) können in diesem Zusammenhang geltend gemacht werden. Demgegenüber können sich Ärzte, welche sich gegen eine Eintragung zur Wehr setzen möchten, auf den Schutz der Privatsphäre (Art. 13 der Bundesverfassung) berufen. Insgesamt ist daher eine Interessenabwägung erforderlich. Im Ergebnis sind damit Bewertungen zulässig, sofern sich diese sachlich auf öffentlich erbrachte Dienstleistungen beziehen.

Rechtliches Vorgehen

Nach vorgängiger rechtlicher Abklärung hilft manchmal bereits ein gut begründetes Schreiben einer Rechtsanwältin oder Rechtsanwaltes, um ein Online-Portal zur Löschung von rechtswidrigen Einträgen zu bewegen. Sollte diese Vorgehensweise nicht zielführend sein, so muss der Rechtsweg in Erwägung gezogen werden. In Berufung auf das Datenschutzgesetz, das Wettbewerbsrecht oder das Strafrecht kann mittels Klage die Löschung einzelner Kommentare vor Gericht durchgesetzt oder es kann veranlasst werden, dass persönliche Daten nicht weiter auf einer bestimmten Bewertungsplattform erscheinen.

In besonderen Fällen kann auch Schadenersatz geltend gemacht werden. Klagen sind insbesondere dann zweckmässig, wenn falsche Tatsachen behauptet werden oder wenn ehrverletzende Beleidigungen vorliegen. Regelmässig sind Rechtsstreitigkeiten von einiger Dauer und verursachen entsprechende Kosten. Aus diesem Grund ist eine Klage jedenfalls dann zu empfehlen, wenn die Erfolgsaussicht besteht, dass die Gegenpartei die Prozess- und Anwaltskosten übernehmen muss. Die bisherige Rechtsprechung im In- und Ausland zu Ärztebewertungsportalen bürdet den Betreibern verstärkte Prüfpflichten auf, welche allerdings den wirtschaftlichen Betrieb der Portale nicht verunmöglichen dürfen (Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs VI ZR 34/15 vom 1. März 2016).

Welche aussergerichtlichen Möglichkeiten bestehen im Umgang mit OnlineBewertungen und -Kommentaren?

Medizinische Dienstleister können weder Bewertungen oder Kommentierungen ihrer Leistungen auf Online-Portalen verhindern, noch Einfluss auf die zunehmende Bedeutung solcher Portale nehmen. Das öffentliche Interesse an den durch diese Portale geschaffenen Vergleichsmöglichkeiten ist schlicht zu gross.

Aus diesem Grund ist ein positives «Arrangement» mit den Portalen, deren regelmässige Kontrolle sowie die rasche Intervention bei einer etwaigen Falschdarstellung gefragt. Nahezu alle seriösen Portale verzichten nach einer schriftlichen Aufforderung auf einen Eintrag, wenn ein solcher ausdrücklich nicht erwünscht ist (eine Ausnahme bildet Google).

Einige Ärztebewertungsplattformen bieten die Möglichkeit, einen Eintrag beizubehalten und lediglich die Bewertungen zu löschen. Ob eine Abkehr von Bewertungen wirtschaftlich Sinn macht ist allerdings fraglich. Alternativ können Bewertungen auch akzeptiert oder gar aktiv bewirtschaftet werden. Zu einer aktiven Bewirtschaftung gehören Reaktionen auf herausragend positive oder fragwürdig negative Bewertungskommentare. Gegen unsachgemässe Kommentare, wettbewerbswidrige oder gar ehrverletzende Bewertungen kann beim Betreiber die Löschung beantragt werden.

Fazit

Gegen einzelne negative Bewertungen mit einem sachlichen Werturteil und ohne Beleidigung besteht in der Schweiz wenig Aussicht auf Erfolg. Bei negativen Kommentaren fragwürdiger Art empfiehlt es sich, vorerst den Kundendienst des Betreibers der entsprechenden Plattform zu kontaktieren, um eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Hält sich der Betreiber – im Gegensatz zu Google – an die Empfehlungen des eidgenössischen Datenschützers, können Bewertungsfunktionen umfänglich deaktiviert oder auf einen Eintrag in der entsprechenden Plattform gänzlich verzichtet werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist ein Verzicht auf Bewertungen gegen den Willen der Plattformbetreiber nur schwer rechtlich durchsetzbar, da ein öffentliches Interesse an einer aussagekräftigen Beurteilung von Dienstleistungen besteht. Eine gerichtliche Geltendmachung ist nur empfehlenswert, wenn Kommentare mit ehrverletzendem Charakter oder falsche Tatsachenbehauptungen nicht freiwillig entfernt werden.

Beitrag veröffentlicht am
15. März 2017

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