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CH-D Wirtschaft 3/2016 Verkehrsrecht in der Schweiz

Falschparken, Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und anderes: Auf was deutsche Autofahrer in der Schweiz achten sollten, damit unangenehme Überraschungen vermieden werden.

Der Umgang mit Verkehrsverstössen ist in der Schweiz anders als in Deutschland. Es werden nicht nur andere Bezeichnungen verwendet (z. B. Bussen = Bussgelder, Fahrausweisentzug = Entzug der Fahrerlaubnis), auch die Bussen nach Katalog sind deutlich höher in der Schweiz, und zuweilen kommen auch erhebliche Verfahrenskosten hinzu. Um kostspielige Überraschungen zu vermeiden, soll nachfolgend auf die wichtigsten Unterschiede aufmerksam gemacht werden.

Zulässige Höchstgeschwindigkeiten

In der Schweiz gelten folgende generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen:

– Innerorts 50 km/h

– Ausserorts 80 km/h

– Autostrassen (in D: Land- und Bundesstrassen) 100 km/h

– Autobahnen 120 km/h.

Hinzu kommen spezielle Regelungen, z. B. dass Lastwagen und Fahrzeuge mit Anhänger auf Autobahnen höchstens 80 km/h fahren dürfen.

Bei der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind die rechtlichen Folgen davon abhängig, wo sie erfolgt ist und welches Ausmass sie hat. Im Einzelnen:

– Geschwindigkeitsüberschreitungen im unteren Bereich (innerorts 0–15 km/h, ausserorts 0–20 km/h, Autobahn 0–25 km/h) werden mit sog. Ordnungsbussen bestraft. Bei Ordnungsbussen fallen keine weiteren Kosten an, wenn diese innerhalb von 30 Tagen bezahlt werden. In der Schweiz gilt seit dem Jahre 2014 – im Gegensatz zu der in Deutschland im fliessenden Verkehr bestehenden Fahrerhaftung – eine Halterhaftung für Ordnungsbussen. Demnach können Ordnungsbussen auch beim Fahrzeughalter eingezogen werden, selbst wenn ein Dritter gefahren sein sollte. Wird gegen die von Polizeiorganen ausgestellte Ordnungsbusse eine Einsprache erhoben, oder wird diese nicht oder verspätet bezahlt, wird automatisch ein Strafverfahren für Übertretungen mit entsprechenden Verfahrenskosten ausgelöst. – Höhere Geschwindigkeitsüberschreitungen (innerorts 16–24 km/h, ausser orts 21–29 km/h, Autobahn 26–34 km/h), werden als Übertretungen im ordentlichen Strafverfahren beurteilt. Es wird eine Bussenverfügung von der Staatsanwaltschaft ausgestellt. Auf Einsprache hin wird Gelegenheit gegeben, sich gegen die erhobenen Vorwürfe zu äussern und in die Akten Einsicht zu nehmen. Das Strafverfahren ist kostenpflichtig. Bei mittleren Geschwindigkeitsübertretungen wird zudem ein sog. Administrativverfahren (in D: Verwaltungsverfahren) eingeleitet. In diesem kann der Fahrausweis für beschränkte Zeit entzogen werden. – Bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen (innerorts ab 25 km/h, ausserorts ab 30 km/h, Autobahn ab 35 km/h) liegt eine grobe Verkehrsregelverletzung vor. Diese gelten als Vergehen, welche in einem ordentlichen, kostenpflichtigen Strafverfahren beurteilt werden. Sanktionen sind eine Geldstrafe nach dem Tagessatzsystem oder eine Freiheitsstrafe, oder gemeinnützige Arbeit. Zudem wird bei groben Verkehrsregelverletzungen grundsätzlich ein Administrativverfahren eingeleitet. In einem Administrativverfahren können unter anderem Fahrausweisentzüge (in D: Entzug der Fahrerlaubnis) angeordnet werden.

Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Folgen von einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Unfälle

Bei Unfällen mit Personenschaden ist stets die Polizei zu rufen. Bei blossen Sachschäden muss die Polizei beigezogen werden, wenn der Geschädigte nicht verständigt werden kann. Ist dieser vor Ort, kann bei Sachschäden einvernehmlich ein anerkanntes Unfallprotokoll ausgefüllt und beidseitig unterzeichnet werden. Der Polizei gemeldete Unfälle führen zu Strafverfahren, und oft sind Strafen und Administrativmassnahmen die Folge. Denn auch bei einem Selbstunfall liegt meist zumindest ein «Nichtbeherrschen des Fahrzeuges» vor.

Grenzüberschreitende Verfahren und grenzüberschreitende Vollstreckung

Für Ordnungsbussen ist das länderübergreifende Busseninkasso uneinheitlich, weil für die Durchsetzung die Kantone zuständig sind. Da der schweizerisch-deutsche Polizeivertrag nicht auf Verstösse gegen Vorschriften im Strassenverkehr Anwendung findet, kann es vorkommen, dass einige kantonale Vollzugsstellen geringfügige Bussen nicht im Ausland einziehen. Andere Vollzugsstellen stellen Bussen jedoch im benachbarten Ausland in Rechnung. Diese Zahlungsaufforderungen für Verkehrsdelikte, die in der Schweiz begangen wurden, werden in Deutschland selten zwangsweise vollstreckt. Dennoch ist es ratsam diese Bussen zu bezahlen, da ansonsten beim nächsten Besuch in der Schweiz bei Verkehrskontrollen die Weiterfahrt ohne umgehende Bezahlung der ausstehenden Busse von der Polizei untersagt werden kann.

Bei groben Verkehrsregelverletzungen mit Straf- und Administrativverfahren werden regelmässig die Behörden in Deutschland mittels eines Rechtshilfeverfahrens um Mitwirkung ersucht.

Fahrausweisentzug

Anders als in Deutschland gibt es in der Schweiz kein Punktesystem mit Punktebewertung, das zu einem Fahrausweisentzug führen kann. In der Schweiz treten anstelle des Punktesystems die Administrativmassnahmen. Solche werden zusätzlich zum Strafverfahren in separaten Verfahren durch die kantonalen Strassenverkehrsämter angeordnet. Dabei werden je nach Schwere der Zuwiderhandlung Verwarnungen ausgesprochen oder ein Warn- und Sicherungsentzug des Fahrausweises angeordnet. Ein in der Schweiz ausgesprochener Fahrausweisentzug hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis in Deutschland, in der Schweiz darf aber für die Dauer des Entzugs nicht mehr gefahren werden. Bei Alkoholsucht und Drogenmissbrauch werden weitere Massnahmen, wie etwa regelmässige Gesundheitschecks in Betracht gezogen.

Rechtsmittelweg

Der Rechtsmittelweg ist für Ordnungsbussen, Strafverfahren und Administrativverfahren unterschiedlich, wobei jeweils Rechtsmittelbelehrungen über die Art der Anfechtung Auskunft geben. Wird die Rechtmässigkeit von Ordnungsbussen bestritten, wird ein reguläres Strafverfahren eröffnet. Das hat bei Festhalten an der Strafe zur Folge, dass zur Busse noch Verfahrenskosten hinzukommen. Deshalb sollten Ordnungsbussen nur bei Vorliegen plausibler Gründe bestritten werden. Im Strafverfahren und bei Anfechtung eines Verwaltungsaktes im Administrativverfahren empfiehlt es sich, einen auf das Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt beizuziehen. Hierbei sollte im Vorfeld abgeklärt werden, ob eine Rechtsschutzversicherung für die Kosten aufkommt.

Fazit

Die Schweiz ist bei der Ahndung von Verstössen im Strassenverkehr strenger als Deutschland, und die Bussen sind in der Schweiz oft wesentlich höher. Es finden zahlreiche Kontrollen statt und es empfiehlt sich die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu beachten. Bei Straf- und Administrativverfahren arbeiten die Polizei- und Justizbehörden in der Regel über die Landesgrenzen hinweg. Für die Verfahren sowie das Beschreiten des Rechtswegs empfiehlt sich die Hinzu ziehung eines spezialisierten Anwalts.

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Beitrag veröffentlicht am
25. November 2016

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