Immobilia, Dezember 2001 Probleme bei Grundstückkaufverträgen
Grundstückkaufverträge sind heute «Massenware» - dennoch empfiehlt es sich, bei der Abfassung bzw. Prüfung von Grundstückkaufverträgen einigen Punkten besondere Bedeutung zu schenken. Die nachfolgende Abhandlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll aber einen Überblick über die - nach Erfahrung des Verfassenden - häufigsten in Grund stückkaufverträgen auftretenden Probleme geben.
Nutzen und Schaden
Der Definition von Nutzen- und Schadenüber gang wird in der Praxis oft zu wenig Bedeutung beigemessen. Dies obwohl das Datum des Nutzen- und Schadenübergangs insbesondere im Zusammenhang mit dem Übergang der Gefahr vom Verkäufer an den Käufer ein sehr wichtiges Datum darstellt. Nicht selten enthalten Kaufverträge im Zusammenhang mit dem Datum des Nutzen- und Schadenübergangs sogar sich widersprechende Bestimmungen. Weil die Definition des Nutzen- und Schadenübergangs aber von einschneidender Bedeutung ist, sollte dieses Datum möglichst exakt bestimmt werden. In der Regel empfiehlt es sich, den Nutzen- und Schadenübergang an ein Datum zu knüpfen. Die Anbindung an den Begriff der Bezugsbereitschaft - eine ebenfalls häufig anzutreffende Lösung - ist hingegen eher nicht ratsam, da bereits der Begriff der Bezugsbereitschaft im Streitfall auslegungsbedürftig ist.
Gewährleistung
Die Gewährleistung, d.h. das Einstehen des Verkäufers zu Gunsten des Käufers für die Güte des Kaufobjektes, ist wohl der meist diskutierte Punkt eines Grundstückkaufvertrages. Auf jeden Fall dann, wenn es sich um ein Grundstück mit einem Bauobjekt handelt, welches noch nicht bzw. erst seit kurzem fertiggestellt ist. Bei Kaufverträgen über bereits etwas ältere Objekte führt die Gewährleistungsbestimmung im Kaufvertrag hingegen kaum zu Fragen, da die Ge währleistung diesfalls regelmässig im gesetzlich zulässigen Umfang wegbedungen wird. Der Verkäufer haftet somit nur noch für das arglistige Verschweigen von Mängeln.
Eine solche Wegbedingung der Gewährleistung ist beim Verkauf neuer oder neuerer Objekte aus gegebenen Gründen hingegen in der Regel nicht möglich. Nachfolgend wird deshalb auf die Gewährleistung beim Kauf von neueren Objekten eingegangen. In diesen Fällen ist bezüglich der Gewährleistung vor allem den folgenden drei Problemkreisen Beachtung zu schenken:
- Enthält der Vertrag keine Bestimmungen zur Gewährleistung, so gelangen die Regeln des Obligationenrechts zur Anwendung. Handelt es sich um ein reines Kaufgeschäft, so richtet sich die Gewährleistung nach den Regeln des Grundstückkaufs (Art. 197 OR). Beinhaltet das Kaufgeschäft unter Umständen noch werkvertragliche Elemente, können unter Umständen auch die Regeln des obligationenrechtlichen Werkvertragsrechts (Art. 367 ff. OR) zum Zuge kommen.
- Werden jm Kaufvertrag Vereinbarungen betreffend· der anwendbaren Gewährleistungsregeln getroffen, so ist Folgendes zu beachten: Soll Seitens der Verkäufer Gewähr entsprechend der SIA-Norm 118 geleistet wer den, so ist dies im Kaufvertrag ausdrücklich zu vereinbaren, andernfalls diese, auf dem Regelwerk des Schweizerischen Ingenieuren und Architektenverband beruhenden Gewährleistungsbestimmungen nicht zur Anwendung gelangen können. Ebenso wie die Parteien im Rahmen der Gewährleistung die Anwendbarkeit der SIA-Normen abmachen können, so steht es den Parteien grundsätzlich auch frei zu vereinbaren, im Falle eines Gewährleistungstatbestandes gelangten die Bestimmungen des obligationenrechtlichen Kaufvertrags- bzw. Werkvertragsrechts zur Anwendungen. Überdies können sie sich vertraglich natürlich auch anderen, vielleicht eigenen Gewährleistungsregeln unterwerfen. Abschliessend ist in Zusammenhang mit der Vereinbarung von Gewährleistungsregeln noch auf Folgendes hinzuweisen: Werden im Kaufvertrag andere als die obligationenrechtlichen Gewährleistungsregeln bzw. diese nur teilweise für anwendbar vereinbart, so muss die Anwendbarkeit der obligationenrechtlichen Regeln bzw. deren Teile, die keine Anwendung finden sollen, im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen werden. Andernfalls können sie im Streitfall vom Richter zumindest ergänzend herangezogen werden.
- Eine weitere, heute oft gesehene Form der Gewährleistung ist die Abtretung der Gewährleistungsansprüche. Der Verkäufer tritt bei dieser Lösung, die ihm gegenüber den am Bau beteiligten Handwerkern zustehenden Gewährleistungsansprüche an den Käufer ab. Auch diese - auf den ersten Blick sehr elegant und für den Käufer äusserst interessant anmutende - Lösung birgt hingegen einige Klippen in sich: Zunächst ist darauf aufmerksam zu machen, dass gemäss der geltenden Rechtsprechung und Lehre die zwischen den Verkäufer und den am Bau beteiligten Handwerkern und an deren Unternehmern geltenden Gewährleistungsansprüche nur unvollständig auf den Käufer übertragen werden können . Übertragbar ist nämlich nur das Nachbesserungsrecht und das Recht auf den Mangelfolgeschaden. Nicht abtretbar sind hingegen die Minderungs- und Wandelungsrechte. Das begründet sich damit, dass es sich bei den Rechten auf Minderung und Wandelung um unselbständige (akzessorische) Gestaltungsrechte handelt, die gemäss herrschender Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung unabslösbar mit dem Werkvertrag verbunden sind. Sie können deshalb nicht getrennt vom Verkäufer als Besteller der werkvertraglichen Leistung an den Käufer übertragen werden. Durch die Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegenüber den Bauhandwerkern im Kaufvertrag wird dem Käufer somit nur das Recht auf Nachbesserung und allenfalls Ersatz des Mangelfolgeschadens verschafft. Nicht aber die Minderungs- und Wandelungsrechte. Im Weiteren ist zu bedenken, dass es für den Käufer im Falle der Abtretung der Gewährleistungsansprüche oft kaum überblickbar ist, über welche Gewährleistungsansprüche er denn nun verfügt. Zu verschieden sind in der Praxis nämlich die Garantien, welche die verschiedenen beteiligten Unternehmen abgeben, und völlig unterschiedlich können die Laufzeiten der einzelnen Gewährleistungen sein. Doch damit nicht genug. Weiter darf nämlich nicht unterschätzt werden, dass sich der Käufer bei mehreren Mängeln bzw. Mängeln, die durch mehrere Unternehmer verursacht worden sind, mit mehreren Gegenparteien auseinanderzusetzen hat. Handelt es sich beim Kaufobjekt schliesslich um ein Objekt, welches im Stockwerkeigentum errichtet wurde, kann die Abtretung der Gewährleistungsrechte, d.h. konkret des Nachbesserungsrechts, sogar zum Rechtsverlust führen, ist diesfalls doch ein koordiniertes gemeinsames Vorgehen aller Stockwerkeigentümer erforderlich. Ein solches ist in der Praxis dann und wann aus Gründen divergierender Interessen aber nicht möglich. Zusammenfassend ist die Abtretung der Gewährleistungsanspüche des Verkäufers gegenüber den beteiligten Unternehmern an den Käufer wohl nicht das «Ei des Kolumbus» für welches es oft gehalten wird.
Bauhandwerkerpfandrecht
Die Problematik der Bauhandwerkerpfandrechte ist bekannt: Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB berechtigt denjenigen Bauhandwerker, welche für Bauten oder andere Werke auf einem Grundstück Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert ha ben, zur Sicherung des Wertes der von ihm erbrachten Leistungen ein Pfandrecht auf dem Grundstück zu errichten. Dies unabhängig davon, ob sein Auftraggeber Grundeigentümer der Liegenschaft - zu deren Gunsten er die Leistun gen erbracht hat - ist oder nicht. Wird ein Bauhandwerkerpfandrecht auf eine neu erworbene Liegenschaft eingetragen, bleibt dem Käufer aufgrund dieser rechtlichen Konstellation nichts anderes übrig, als das Pfand durch Zahlung der Forderungssumme abzulösen. Das unabhängig davon, ob er die Leistung des Bauhandwerkers eventuell bereits mit der Leistung des Kaufpreises abgegolten hat oder nicht. Andernfalls riskiert er die Verwertung seiner Liegenschaft. Gerade beim Kauf von neu erstellten Objekten birgt diese Konstellation für den Käufer oft praktisch unkalkulierbare Risiken in sich. Trotz dem wird der Gefahr der Bauhandwerkerpfandrechte in den Kaufverträgen über Neubauobjekte - frei nach dem Motto «es wird schon nichts schief gehen» oftmals nur geringe Beachtung geschenkt. Mit Hilfe der nachfolgend aufgezählten Mitteln liesse sich aber relativ leicht Abhilfe schaffen:
- Eine erste Möglichkeit besteht in der Aufnahme einer Klausel in den Kaufvertrag, welche den Verkäufer zumindest verpflichtet , allfällige nach dem Verkauf zu Lasten des veräusserten Grundstücks eingetragene Pfandrechte abzulösen . Diese Lösung ist jedoch für den Fall, dass der Verkäufer selber in finanzielle Nöte gerät und deshalb auch nicht mehr in der Lage ist, seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nachzukommen, ungenügend.
- Der Käufer kann insbesondere bei unklaren finanziellen Verhältnissen seitens des Verkäufers die Beibringung einer Bank- oder Versicherungsgarantie verlangen, mit welcher sich die Bank oder Versicherung verpflichtet, für den Fall der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes dieses abzulösen.
- Eine weitere Möglichkeit des Käufers, sich gegen Bauhandwerkerpfandrechte abzusichern, ist die Vereinbarung eines Kaufpreisrückbehalts bis zum Ablauf der Anmeldefrist für Bauhandwerkerpfandrechte (3 Monate).
Die Beachtung der vorerwähnten Punkte bei der Abfassung bzw. der Überprüfung von Grund stückkaufverträgen verhindert die Einschränkung der Möglichkeiten bei Mangelhaftigkeit der Sache und dient der Klarheit des Vertrages, womit langwierige, kostspielige und nervenaufreibende rechtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können. Die mit der Prüfung des Kaufvertrages einhergehenden zusätzlichen Kosten fallen im Vergleich mit dem Handänderungswert gering aus. Der zusätzliche Aufwand ist zudem eine gute Investition in die Zukunft.