drw-flash Ausgabe Juli 2003 Neuordnung von Grundpfandrechten – Achtung auf das Errichtungsdatum
Die Entwicklungen an den Kapitalmärkten zeigen ihre Auswirkungen auch in Zusammenhang mit der Finanzierung von Grundeigentum. So ist in letzter Zeit seitens der Banken und Grundeigentümer die Nachfrage nach Neuordnungen der Grundpfandrechte spürbar gewachsen. Unter „Neuordnung der Grundpfandrechte“ sind unter anderem die Zusammenlegung bestehender Grundpfandrechte, die Umwandlung von Grundpfandverschreibungen in Schuldbriefe oder umgekehrt oder die Erhöhung oder Herabsetzung der Pfandsumme zu verstehen. Gefragt waren in letzter Zeit insbesondere die Zusammenlegung von Grundpfandverschreibungen unter gleichzeitiger Umwandlung in Inhaber-Schuldbriefe, oft unter Erhöhung der Pfandsumme. Bei einer solchen Neuordnung der Grundpfandrechte ist insbesondere der Problematik des Errichtungsdatums der beteiligten Grundpfandrechte Beachtung zu schenken. Von den wichtigsten in diesem Zusammenhang zu beachtenden Punkten soll nun die Rede sein.
Nach der heutigen Praxis der Grundbuchämter des Kantons Luzern wird bei einer Zusammenlegungvon Grundpfandrechten dem neuen Grundpfandrecht das Errichtungsdatum des jüngsten der zusammengelegten Grundpfandrechte gegeben. Bei einer Erhöhung der Pfandsumme (auch wenn siegleichzeitig mit einer Zusammenlegung erfolgt) gilt unabhängig vom erhöhten Pfandbetrag als Errichtungsdatumdas aktuelle Tagebuchdatum (vgl. Art. 972 ZGB) des neuen Grundpfandrechts.
Diese im Kanton Luzern herrschende Praxis hat zur Konsequenz, dass die ursprünglichen Errichtungsdaten der zusammengelegten und/oder erhöhten Grundpfandrechte ihre Bedeutung verlieren. Das wiederum kann durch das geltende Prinzip der Alterspriorität der beschränkt dinglichen Rechte zur Folge haben, dass andere dingliche Lasten (wie z.B. Wohnrechte, Nutzungsbeschränkungen usw.), die den ursprünglichen Grundpfandrechten nachgegangen sind, dem mit der Neuordnung neu begründeten Grundpfandrecht inklusive der ganzen in ihm verbrieften Pfandsumme vorgehen.
Eine solche Veränderung der Rangfolge der dinglichen Lasten, hervorgerufen durch die Neuordnung von Grundpfandrechten, kann bei einer allfälligen Verwertung des verpfändeten Grundstücks Auswirkungen haben: Da diese anderen Lasten aufgrund der Alterspriorität dem neuen Grundpfandrecht nun vorgehen, kann der Grundpfandgläubiger bei der Versteigerung nicht mehr den Doppelaufruf nach Art. 142 SchKG verlangen, d.h. den Aufruf sowohl mit als auch ohne diese Lasten. Es entfällt somit die Chance, dass ohne diese Lasten ein besseres Angebot erfolgt und der Grundpfandgläubiger so bessere Deckung erhält. Ob die Veränderungen in den Altersprioritäten Auswirkungen haben, ist im Einzelfall zu klären.
Die Parteien und dabei insbesondere der Grundpfandgläubiger sollten sich dieser soeben beschrieben Konsequenzen einer Neuordnung der Grundpfandrechte bewusst sein, und sie sollten vom Notar auch darauf hingewiesen werden. Die Parteien können dann befinden, ob sie in Kenntnis der rechtlichen Wirkungen dennoch die Zusammenlegung und/oder die Erhöhung der Grundpfandrechte wollen.
Ist bei der Neuordnung der Grundpfandrechte eine Veränderung in der Alterspriorität nicht erwünscht, können die bestehenden Grundpfandrechte je einzeln z.B. bei einer Grundpfandverschreibung unter Beibehaltung der Pfandart erneuert oder unter Wechsel der Pfandart in einen Schuldbrief umgewandelt werden; die dadurch geschaffenen Grundpfandrechte erhalten so das Errichtungsdatum ihres jeweiligen Vorgängers. Allenfalls kommen auch Zwischenvarianten in Frage, z.B. indem bei einem Teil der Grundpfandrechte die Alterspriorität bewahrt wird, während bei einem anderen Teil eine Veränderung in der Alterspriorität durch eine Zusammenlegung hingenommen wird.
Eine Veränderung in der Alterspriorität kann auch vermieden werden, wenn die nachfolgenden Rechteinhaber einen bestimmten Vorgang schriftlich anerkennen.
Nachfolgend eine tabellarische Übersicht über die möglichen Varianten und Folgen: