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KMU-Magazin Nr. 9, September 2017 Rechtliche Herausforderungen des «Internet of Things»

Das sogenannte «Internet of Things», der Datenaustausch zwischen intelligenten Objekten, wird den menschlichen Alltag fundamental verändern. Mit den neuen Dimensionen im Datenverkehr sind sowohl Risiken als auch Chancen verbunden. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Herausforderungen des «Internet of Things» mit Bezug auf «Smart Cars».

Noch nie war die Welt so eng miteinander verbunden. Menschen mit Menschen. Menschen mit «Things». «Things» mit «Things». Und die Entwicklung hat erst begonnen. Das Forbes-Magazin schätzt, dass es bis zum Jahr 2020 bereits über 26 Milliarden verbundene «Things» geben wird. Dieses sogenannte «Internet of Things» (IoT) ist mehr als nur unsere Zukunft. Denn indem bereits heute viele Gegenstände des Alltags mit dem Internet verbunden sind, ist es auch schon ein wichtiger Bestandteil unserer Gegenwart.

Dabei bietet das IoT enorme Chancen, insbesondere auch für KMU. Um für die digitale Zukunft fit zu sein, sollten KMU daher unbedingt schon zum jetzigen Zeitpunkt handeln. Ein umfassender «Legal Check-up» bietet dazu das geeignete Instrument, um Risiken ausreichend zu identifizieren und realisierbare Sicherungsstrategien zu entwickeln. Dieser Beitrag widmet sich der aktuellen Thematik der «Smart Cars».

Neue Dimension im Datenfluss

IoT – ist das «klassische» Internet kalter Kaffee? Ganz im Gegenteil: Das bisher genutzte Web 2.0 mit interaktiven Webseiten und Inhalten, welche über soziale Netzwerke geteilt werden, entwickelt sich mehr und mehr zum Web 3.0. Und bei dem Letzteren handelt es sich um das oben genannte «Internet of Things», das den menschlichen Alltag dramatisch verändern wird. Denn nach einer aktuellen Studie des McKinsey Global Institute kann durch das IoT ein globaler wirtschaftlicher Mehrwert von bis zu elf Billionen Dollar im Jahr 2025 geschaffen werden, was elf Prozent der Weltwirtschaftsleistung entspricht. Dabei kommen 90 Prozent des gesamten Mehrwerts den Anwendern – also Verbrauchern oder Unternehmen, welche IoT-Anwendungen nutzen – zugute, so beispielsweise durch günstigere Preise oder Zeitersparnis. Zudem wird das IoT die Grenzen zwischen Technologiefirmen und traditionellen Unternehmen aufweichen und neue, datenbasierte Geschäftsmodelle ermöglichen.

Doch was ist das IoT überhaupt? Wesentlich für das «Internet of Things» ist der Austausch von Daten zwischen intelligenten Objekten, sogenannten «Smart Objects» und auf Servern gehosteten Systemen über das Internet. Das bedeutet, dass anders als beim «klassischen» Internet, menschliche Nutzer miteinander kommunizieren und beim IoT die Kommunikation allein zwischen den «Smart Objects» stattfindet. Bei diesen kann es sich sowohl um kleine Geräte wie etwa Uhren als auch um grössere Maschinen wie Haushaltsgeräte oder gar Fortbewegungsmittel wie Autos handeln. Letztlich sind der Phantasie aber kaum Grenzen gesetzt und zunehmend werden vor allem Alltagsgegenstände mit Prozessoren, Sensoren und Netzwerktechnik ausgerüstet – von der App-gesteuerten elektrischen Zahnbürste bis zum intelligenten Kleidungsstück.

Die Schweiz rüstet auf

Auch in diesem Jahr hat die Schweiz ihre Spitzenposition im Global-Competitiveness-Index des World Economic Forum erfolgreich verteidigt. Es verwundert daher wenig, dass die Schweiz ihre Stärken als hoch innovative Volkswirtschaft sukzessive ausbaut und das Potenzial der Digitalisierung konsequent nutzt. Deshalb hat der Bundesrat bereits im April 2016 die Strategie «Digitale Schweiz» für die Legislaturplanung 2015 bis 2019 verabschiedet, da Informations- und Kommunikationstechnologien einen Innovationsschub bringen sollen sowie zu Wertschöpfung und wirtschaftlichem Wachstum führen könnten.

Jedoch handelt es sich bei der Thematik des automatisierten und vernetzten Fahrens in der Schweiz nicht nur um eine Diskussion theoretischer Art. Denn bereits zum heutigen Zeitpunkt wird beispielsweise mit dem Projekt «Smart Shuttle» des Mobility Lab Sion-Valais – ein virtuellorganisatorischer Zusammenschluss der Post AG, des Kantons Wallis, der Stadt Sitten, des EPFL sowie HES-SO Valais-Wallis – versucht herauszufinden, ob der Einsatz von autonomen Shuttles im öffentlichen Raum technisch sowie betrieblich realisierbar ist und einen Kundenmehrwert bietet.

Seit dem Sommer 2016 findet deshalb im Stadtzentrum von Sitten in verschiedenen Verkehrszonen der Testbetrieb mit den zwei autonom fahrenden Bussen «Arma» auf einer Rundstrecke von circa 1,5 Kilometer statt. Automobilbegeisterte und Interessierte haben noch bis Herbst dieses Jahres Zeit, eine Rundfahrt mit einem der vollautomatisierten Busse durchzuführen.

Deutschland schafft Grundlage

Wie die Schweiz versucht auch Deutschland, die Chancen im Zusammenhang mit der Digitalisierung zu ergreifen. Dementsprechend hat die deutsche Bundesregierung bereits im August 2014 die «Digitale Agenda 2014 – 2017» als zentralen Baustein der deutschen Wirtschafts- und Innovationspolitik mit dem Ziel beschlossen, die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland in der digitalen Welt dauerhaft zu sichern und auszubauen.

Mit dem Motto «Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Alles, was vernetzt werden kann, wird vernetzt» des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur wurde ein besonderes Augenmerk auf das automatisierte und vernetzte Fahren gelegt und vor wenigen Monaten die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen. Seit Juni 2017 dürfen hoch- und vollautomatische Fahrsysteme auf deutschen Strassen nach Massgabe des angepassten Strassenverkehrsgesetzes teilnehmen.

Auch wenn das neue Strassenverkehrsgesetz nur einen ersten Schritt zu einer rechtssicheren und wirtschaftlichen Nutzung des hoch- und vollautomatisierten Fahrens darstellt – § 1 c StVG bestimmt, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Anwendung der neuen Vorschriften nach Ablauf des Jahres 2019 auf wissenschaftlicher Grundlage zu evaluieren hat – so hat der deutsche Gesetzgeber damit jedenfalls weltweit das innovativste Strassenverkehrsrecht geschaffen. Und mit der bereits im September 2015 eingerichteten «Digitalen Testfeld Autobahn» auf der Bundesautobahn A9 in Bayern, auf der innovative Unternehmen und Forschungseinrichtungen moderne und zukunftsweisende Systeme und Technologien im Verkehr erproben können, zeigt Deutschland, dass es bei dem Wettlauf der Digitalisierung ganz vorne mit dabei sein will.

Autonomes Fahren auf Route 66

Im Gegensatz zu Deutschland offenbart sich in den USA der Digitalisierungstrend im Bereich des autonomen und vernetzten Fahrens trotz der überdurchschnittlich hohen Affinität zu Informations- und Kommunikationstechnologien auf den ersten Blick als äusserst schwieriges Unterfangen. Denn aktuelle Untersuchungen wie eine solche des Kelley Blue Book aus dem Jahr 2016 belegen, dass 80 Prozent der Amerikaner stets die Möglichkeit haben wollen, ein Fahrzeug eigenhändig zu steuern.

Noch stärker als die enorme Verbundenheit und fast abgöttische Liebe der Amerikaner zu ihren Autos ist allerdings deren Streben nach Innovation, weshalb die Idee des autonomen und vernetzten Fahrens in den USA mehr und mehr Befürworter findet. Dabei wurde die Akzeptanz auch durch den damaligen Präsidenten Barack Obama unterstützt, der den Erlass von bundesstaatlichen Richtlinien zu vollautomatisierten Fahrzeugen im September 2016 forcierte. Diese stiessen allerdings auf Kritik, weshalb die Richtlinien gegenwärtig von der Trump-Administration überprüft werden. Trumps Administration aber möchte kein Hindernis sein, sondern ausdrücklich als «Katalysator für eine sichere und effiziente Technologie» dienen.

Seit Juni 2017 wurden insgesamt 14 Gesetzesentwürfe in den U.S.- amerikanischen Kongress eingebracht, welche der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) die Befugnis gäben, die Zahl der autonomen Fahrzeuge markant zu erhöhen (von 2500 auf 100 000). Auch wenn noch unklar ist, wie sich das Repräsentantenhaus und der Senat entscheiden werden, so würde eine bundeseinheitliche Regelung gegenüber einer Einzelstaatenlösung zu einer Vereinfachung führen. 17 Bundesstaaten wie Kalifornien, Florida und Nevada haben seit Anfang 2012 Debatten über vollautomatisierte Autos geführt. Diese Bundesstaaten sind zudem die ersten, die solche Autos explizit erlaubt haben. Dennoch sind viele rechtlich relevante Fragestellungen im Bereich Haftung, Offenlegung von gesammelten Daten und Schutz der Privatsphäre bis anhin noch ungeklärt.

Mit der Teilnahme von autonomen und vernetzten Fahrzeugen auf Strassen wird die Mobilität eine völlig neue, revolutionäre Dimension bekommen: Neben Arbeitsplatz und Wohnung wird das Auto zu einem weiteren Lebensmittelpunkt werden. Das Fahren entwickelt sich von einer zweckgebundenen Notwendigkeit zu einem produktiven Zeitfenster. Echtzeit-Daten-Kommunikation zwischen Autos und Infrastruktur macht Verkehr vorhersehbar. Dadurch können zukünftig Staus und Unfälle vermieden werden.

Infolge der Vernetzung mit der Umgebung werden Fahrzeuge zu volldigitalisierten Mobilitäts-, Informations- und Kommunikationsplattformen. Auf diese Weise gelangt das «klassische» IoT damit weit über den Bereich eines blossen Unterhaltungswertes hinaus, indem es im Lichte der «Smart Cars» tatsächlich als ein «Internet of Things that Really Matter» erscheint. Aus diesem Grund ist es unbedingt notwendig, dass sich die jeweiligen nationalen Gesetzgeber der Thematik der «Smart Cars» vertiefter annehmen und geeignete Regelungen erlassen.

Wichtige Fragestellungen

Durch die Digitalisierung eröffnen sich neue Geschäftsfelder. Dabei birgt vor allem das IoT enorme Chancen für KMU, die jedoch die damit verbundenen Risiken und rechtlichen Herausforderungen auf nicht aus den Augen verlieren dürfen. Daher sollten KMU bereits heute im Rahmen eines «Legal Check-up» unter anderem folgende Fragestellungen überprüfen:

› Ist das bestehende Geschäftsmodell von der Digitalisierung unmittelbar betroffen?

› Finden IoT-Anwendungen im Unternehmen bereits heute Verwendung?

› Wurden hinreichende technologische Vorkehrungen gegen mögliche Cyberattacken getroffen?

› Wurde den jeweiligen datenschutzrechtlichen Vorgaben zudem ausreichend Rechnung getragen?

kurz & bündig

› Durch die Digitalisierung eröffnen sich neue Geschäftsfelder. Dabei birgt vor allem das IoT enorme Chancen für Unternehmen, welche jedoch die damit verbundenen Risiken und rechtlichen Herausforderungen auf keinen Fall aus den Augen verlieren dürfen.

› Ein umfassender «Legal Checkup» bietet dazu das geeignete Instrument, um die Risiken ausreichend zu identifizieren und realisierbare Sicherungsstrategien zu entwickeln.

› Neben dem Arbeitsplatz und der Wohnung wird das Auto zum Lebensbereich. Das Fahren entwickelt sich von einer zweckgebundenen Notwendigkeit zum produktiven Zeitfenster.

Beitrag veröffentlicht am
24. Oktober 2017

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