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krfacts Ausgabe Dezember 2015 Neue Regelung zur Arbeitszeiterfassung (2)

Die örtliche und zeitliche Flexibilität zahlreicher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfordert auch mehr Spielraum bei der Arbeitszeiterfassung. Diesem Bedürfnis der Wirtschaft trug das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Rechnung, indem es auf den 01.01.2014 eine neue Weisung zur Arbeitszeiterfassung erliess. Diese Regelungen haben wir für Sie im krfacts vom März 2014 zusammengefasst. In der Zwischenzeit hat der Bundesrat die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz den Realitäten angepasst. Die neuen Regelungen treten am 01.01.2016 in Kraft. Die Weisung des SECO vom 01.01.2014 gilt noch bis Ende 2016, jedoch nur für Betriebe, die die Weisung bereits umgesetzt haben.

Die Einhaltung der Arbeitszeiterfassung wird durch die Vollzugsbehörden des Arbeitsgesetzes – auf Bundesebene durch das SECO und im Kanton Luzern durch die Dienststelle für Wirtschaft und Arbeit (wira) – überprüft. Die Arbeitgeber trifft diesbezüglich eine Dokumentationspflicht. Die Arbeitszeit muss jedoch nicht von allen Arbeitnehmenden gleich erfasst werden.

Wie bereits die Weisung des SECO sieht auch die neue Regelung drei Kategorien von Arbeitnehmenden vor:

  1. Arbeitnehmende ohne Arbeitszeiterfassung
  2. Arbeitnehmende mit vereinfachter Arbeitszeiterfassung
  3. Arbeitnehmende mit vollständiger Arbeitszeiterfassung

Im Folgenden werden diese Kategorien kurz umschrieben.

Arbeitnehmende ohne Arbeitszeiterfassung

Von der Erfassungspflicht befreit sind zunächst Arbeitnehmende, die aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen nicht in den Anwendungsbereich des Arbeitsgesetzes fallen. Es handelt sich hierbei lediglich um Topkadermitglieder. Darunter sind Mitarbeitende zu verstehen, die aufgrund ihrer Stellung und Verantwortung über weitreichende Entscheidungsbefugnisse verfügen und/oder Entscheide von grosser Tragweite massgeblich beeinflussen können.

Mit Einführung der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz per 01.01.2016 können weitere Arbeitnehmende von der Pflicht, ihre Arbeitszeit zu erfassen, ausgenommen werden. Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer muss bei der Arbeit über grosse Autonomie verfügen und die Arbeitszeit mehrheitlich, d.h. zu mindestens 50 %, selbst festsetzen können. Es genügt dabei nicht, gleitende Arbeitszeiten zu haben, vielmehr ist individuell zu schauen, inwiefern zwingende Präsenzzeiten die Autonomie einschränken.
  • Zusätzlich muss das Bruttojahresgehalt (einschliesslich Boni) mindestens CHF 120‘000.00 betragen. Bei Teilzeitangestellten wird dieser Betrag anteilsmässig reduziert.
  • Ferner muss über den Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung eine schriftliche Vereinbarung mit jederbetroffenen Arbeitnehmerin und jedem betroffenen Arbeitnehmer bestehen. Diese individuelle Vereinbarung kann jährlich auf Ende Jahr widerrufen werden.
  • Der Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung muss schliesslich in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) vorgesehen sein. Um das Risiko einer übermässigen Arbeitsbelastung zu reduzieren, ist im GAV der Bezug von Pausen und Ruhezeiten zu regeln. Zudem muss der Arbeitgeber verpflichtet werden, eine interne Anlaufstelle für Fragen zur Arbeitszeiterfassung zu bezeichnen.

Die soeben aufgelisteten Kriterien zeigen, dass die Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung sehr eng umschrieben sind. Dies führt dazu, dass wahrscheinlich weniger als 10% der Arbeitnehmenden neu auf die Arbeitszeiterfassung verzichten können.

Arbeitnehmende mit vereinfachter Arbeitszeiterfassung

Bereits die Weisung des SECO kannte die vereinfachte Arbeitszeiterfassung. Teilweise haben sich jedoch die Bedingungen geändert, unter denen eine vereinfachte Arbeitszeiterfassung zulässig ist. Vereinfachte Arbeitszeiterfassung bedeutet, dass grundsätzlich nur die geleistete tägliche Arbeitszeit erfasst werden muss. Einzig bei Nacht- und Sonntagsarbeit sind zusätzlich der Anfang und das Ende des Arbeitseinsatzes zu dokumentieren. Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin muss die Arbeitszeit zu einem namhaften Teil, d.h. zumindestens 25 %, selbst festsetzen können. Damit sind die Anforderungen an die Autonomie der Arbeitnehmenden weniger hoch als für den gänzlichen Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung, jedoch gilt auch hier, dass gleitende Arbeitszeiten alleine nicht genügen.
  • Zudem muss eine Vereinbarung über die vereinfachte Arbeitszeiterfassung mit der Arbeitnehmervertretung oder, wo keine solche besteht, mit der Mehrheit der Arbeitnehmenden eines Betriebs bestehen. Ein GAV ist jedoch nicht notwendig. Hat ein Betrieb weniger als 50 Arbeitnehmende kann eine entsprechende Vereinbarung auch zwischen den einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber direkt abgeschlossen werden. Die Vereinbarung hat schriftlich zu erfolgen und es ist auf die geltenden Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen hinzuweisen. Zusätzlich muss jährlich ein Endjahresgespräch zur Arbeitsbelastung geführt und dokumentiert werden.
  • Schliesslich hat der Arbeitgeber ein geeignetes Instrument zur Verfügung zu stellen, damit Arbeitnehmende, die trotz vereinfachter Arbeitszeiterfassung die Arbeitszeit vollständig erfassen wollen, dies tun können.

Arbeitnehmende mit vollständiger Arbeitszeiterfassung

Wie bis anhin haben auch nach Inkrafttreten der Neuerungen sämtliche Arbeitnehmenden, welche die obengenannten Voraussetzungen nicht erfüllen, d.h. die grosse Mehrheit der Angestellten, eine umfassende Arbeitszeiterfassungspflicht.

Auswirkungen auf die Dokumentationspflicht der Arbeitgeber

Die neuen Regelungen wirken sich auch auf die Dokumentationspflicht der Arbeitgeber aus. Damit die Vollzugsbehörden kontrollieren können, dass das Arbeitsgesetz eingehalten wird, müssen die Arbeitgeber die einzelnen Voraussetzungen, die es ihnen erlauben von der regulären Arbeitszeiterfassung abzuweichen, dokumentieren.

Konkret muss bei einem Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung der GAV vorgelegt werden können, in dem ein solcher Verzicht vorgesehen ist. Darüber hinaus ist ein Verzeichnis mit den Bruttolohnangaben jener Arbeitnehmenden zu führen, die auf die Arbeitszeiterfassung verzichtet haben. Und schliesslich sind auch die individuellen Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitnehmenden zur Verfügung zu stellen.

Wird in einem Betrieb die Arbeitszeit vereinfacht erfasst , muss der Arbeitgeber die Gesamtdauer der täglich geleisteten Arbeit sowie die Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung bzw. den Arbeitnehmenden vorlegen können. Dort, wo individuelle Vereinbarungen mit den Arbeitnehmenden getroffen werden, muss zusätzlich eine Dokumentation der Endjahrsgespräche zur Arbeitsbelastung vorhanden sein.

Bei Arbeitnehmenden, die die Arbeitszeit vollständig zu erfassen haben, muss sich aus der Dokumentation der Anfang und das Ende jeder Arbeitsphase, die Lage und Dauer der Pausen von einer halben Stunde und mehr, sowie die Ruhe- und Ersatzruhetage ergeben.

Fazit

Nach der Weisung des SECO kommt es mit der neuen Regelung zu einer weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeiterfassung. Aufgrund der zahlreichen gesetzlichen Vorgaben und den unterschiedlichen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um von der vollständigen Arbeitszeiterfassung abweichen zu können, dürfte die konkrete Umsetzung jedoch für viele Arbeitgeber eine Herausforderung bleiben. Wir unterstützen Sie daher gerne bei Fragen rund um die neuen Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung.

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