Sofortkontakt zur Kanzlei
 

CH-D Wirtschaft, April 2007 Baukostenüberschreitungen: Vermeidung und Verantwortung

Bauvorhaben bergen das latente Risiko der Überschreitung der veranschlagten Baukosten in sich. Eine Solche Überschreitung wirkt sich doppelt aus. Zum einen kostet den Bauherrn die Baute selbst vielmehr, zum anderen verschlechtert sich mit der Baukostenüberschreitung auch deren Rendite. Letzteres ist gerade für institutionelle Anleger von einschneidender Bedeutung. Es lohnt sich deshalb, die Baukosten stets unter Kontrolle zu halten und sich der Verantwortung hierfür in jedem Stadium der Bauausführung bewusst zu sein.

Bei grösseren Bauvorhaben werden zwischen dem Bauherrn und den Baubeteiligtenin aller Regel Verträge „nach SIA“ abgeschlossen. Der SIA ist der schweizerische Ingenieur- und Architektenverein. Dieser Verein hat eine Vielzahl von Normen und Normverträgen ausgearbeitet. Die Normverträge der SIA sind heute standard in der Schweizer Bauwirtschaft. Sie regeln die Rechtsverhältnisse weit detaillierter und praxisbezogener als das Schweizer Gesetz. Da die SIA-Normen aber nicht „Gesetz“ sind, gelten sie grundsätzlich nur, wenn ihre Anwendbarkeit zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist. Hierauf hat der Bauherr zu achten.

Die in Zusammenhang mit den Baukostenwichtigsten Normverträge sind die SIA 102, welche das Rechtsverhältnis zwischen dem Bauherrn und Architekt regeln, die SIA 103, die sich mit dem Rechtsverhältnis des Ingenieurs zum Bauherrn befasst, die SIA 112, die das Verhältnis zur Planergemeinschaft normiert und die SIA 118 als Basisnorm für die Erbringung der eigentlichen Bauleistungen. Sie alle weisen Besonderheiten auf, welche mit Bezug auf die Thematik „Baukostenüberschreitung“ von Bedeutung sind. Ihre umfassende Behandlung würde den Rahmen dieses Artikels allerdings sprengen, weshalb er sich auf die Grundzüge und die Gemeinsamkeiten dieser Normen beschränkt.

Die Verantwortung der Planer für die Baukosten

Der Planer – darunter werden nachfolgend vereinfachend und zusammenfassend sowohl der Architekt und Ingenieur als auch der Generalplaner verstanden – ist dem Bauherrn in doppelter Hinsicht fürdie Baukosten verantwortlich. Bei der Projektierung hat er die Kosten zuverlässig zu schätzen und im Rahmen der Realisierung des Bauvorhabens zu überwachen. Kommt er diesen Pflichten nichtoder nur ungenügend nach, haftet er dem Bauherrn für den entstehenden Schaden.

Die Kostenschätzung

Der Planer ist verpflichtet, dem Bauherrn in jedem Stadium der Projektierung eine Schätzung über die mutmasslichen Baukosten abzugeben. Je nach Projektphase ist der verlangte Genauigkeitsgrad unterschiedlich. Je näher man dem abschliessenden Bauprojekt kommt, desto exakter muss die Kostenprognose sein. Im Stadium des Bauprojekts hat sie schliesslich einen Genauigkeitsgrad von +/-10% aufzuweisen. Der Bauherr darf auf die Kostenschätzung des Planers vertrauen. Der Planer haftet deshalb grundsätzlich, wenn der Kostenvoranschlag im Rahmen der Bauausführung überschritten wird.

Die Kostenüberwachung

Während der Bauausführung hat der Planer die Baukosten laufend zu kontrollieren und mit seiner Kostenprognose abzugleichen. Wird eine Baukostenüberschreitung absehbar, hat er den Bauherrn umgehend zu informieren. Kommt der Planer der Pflicht zur Kostenüberwachung nicht nach und resultiert daraus eine Baukostenüberschreitung, verletzt er das vom Bauherrn in ihn gesetzte Vertrauen. Das sogar dann, wenn die Baukostenüberschreitung ihre Ursache in einer Bestellungsänderung oder Zusatzbestellung des Bauherrn hat. Gemäss geltender Rechtsprechung kann zumindest derunerfahrene Bauherr bei einem so komplexen Vorhaben wie der Erstellung einer Baute die Auswirkung solcher Bestellungsänderungen oder Zusatzbestellungen nicht abschätzen. Die Verletzung des ihn gesetzten Vertrauens hat zur Folge, dass der Planer dem Bauherrn den erlittenen Vertrauensschaden ersetzen muss.

Die Haftung des Planers für Kostenüberschreitungen

Die Haftungsgrundlage des Planers für die Kostenüberschreitungen hängt von der Ursache der Mehrkosten ab. Zu unterscheiden ist dabei namentlich, ob die Kostenüberschreitung auf Zusatzkosten oder auf Ungenauigkeiten des Voranschlages bzw. auf mangelnde Kostenüberwachung zurückzuführen ist.

Unter Zusatzkosten werden Aufwendungen verstanden, die der Planer durchvertragswidriges und schuldhaftes Verhalten herbeigeführt hat. So zum Beispiel Kosten infolge fehlerhafter Planung oder ungünstiger Vergebung. Diese Zusatzkosten wären dem Bauherrn bei richtiger Vertragserfüllung durch den Planer erspart geblieben. Unabhängig vom Kostenvoranschlag hat der Planer für diese Mehrkosten aufzukommen, soweit ihn hierfür ein Verschulden trifft. Für ein solches Verschulden ist der Bauherr allerdings beweispflichtig.

Hat die Kostenüberschreitung ihre Ursache hingegen in einer falschen Kostenschätzung oder ungenügenden Kostenüberwachung kann der Bauherr von einer vereinfachten Beweisführung profitieren. In der Regel kennt der Bauherr nämlich nur das Ausmass der Kostenüberschreitung, nicht aber deren exakte Ursache. Diesem Umstand trägt die Rechtsprechung Rechnung. Kostenüberschreitungen, welche den Kostenvoranschlag zuzüglich der Toleranzgrenze (in der Regel +/-10%) übersteigen, lassen eine Pflichtverletzung des Planers vermuten. Der Planer hat deshalb den Gegenbeweis zu führen, dass die Mehrkosten nicht auf eine Vertragsverletzung seinerseits zurückzuführen, sondern anderer Ursache sind. Das kann beispielsweise eine Bestellungsänderung des Bauherrn sein, auf deren Kostenrelevanz der Planer de nBauherrn genügend hingewiesen hat.

Die Toleranzgrenze von +10% bildet allerdings keine Haftungsbegrenzung zu Gunsten des Planers. Er hat auch für unter dieser Toleranzgrenze liegende Kostenüberschreitungen einzustehen. Allerdings hat der Bauherr in diesen Fällen das Verschulden des Planers an der Kostenüberschreitung direkt zu beweisen, indem er sowohl die Ursache der Kostenüberschreitung als auch den eingetretenen Schaden und das Verschulden des Planers belegt.

Kostenlimite und Bausummengarantie

Keine Toleranzgrenze für die Baukosten gilt dann, wenn der Bauherr dem Planer eine Kostenlimite setzt oder sich vom Planer eine Bausummengarantie versprechen lässt. Mit der Kostenlimite oder der Bausummengarantie werden die Maximalkosten, die das Bauwerk verursachen darf, verbindlich festgelegt. Die Vereinbarung einer Kostenlimite kann sich auch den Umständen ergeben. So beispielsweise wenn der Bauherr dem Planer bekannt gibt, für die Baute stehen ihm nur eine bestimmte Summe zur Verfügung oder die Baukosten dürften einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, da andernfalls die Rentabilität des in der Baute betriebenen Gewerbes nicht mehr gegeben sei. Wird die Kostenlimite oderdie Bausummengarantie überschritten, so stellt das eine Vertragsverletzung dar, für welche der Planer einzustehen hat. Er hat dem Bauherrn deshalb den sich daraus ergebenden Schaden zu ersetzen. Der Schaden besteht dabei in den Mehrkosten, die der Bauherr durch die Weisung verhindern bzw. der Planer garantieren wollte. Dies unabhängig davon, ob die Kostenüberschreitung ihre Ursache in einer "ungünstigen" Vergebung, unwirtschaftlichen oder fehlerhaften Planung, Verzögerungen in den Planlieferungen, unrichtigen Weisungen, ungenügender Bauaufsicht, etc. hat. Eine Toleranz ist nicht in Abzug zu bringen. Die Vereinbarung einer Kostenlimite oder einer Bausummengarantie hat der Bauherr zu beweisen.

Überschreitungen der Kostenvoranschläge durch die am Bau beteiligten Handwerker

Nicht nur die fehlerhafte Schätzung der Baukosten durch die Planer kann zu Baukostenüberschreitungen führen. Hierfür kann auch die Nichteinhaltung der Kostenvoranschläge durch die am Bau beteiligten Handwerker verantwortlich sein. Um dieses Risiko zu reduzieren oder gar ganz auszuschliessen, ist es wichtig, mit den am Bau beteiligten Handwerkern klare Vereinbarungen zu treffen. Das insbesondere mit Bezug auf den Werklohn. Beim Werklohn sind grundsätzlich folgende Modelle zu unterscheiden:

Pauschalpreis

Das Werk wird zu einem Pauschalpreis ausgeführt, wenn sich die Parteien darauf geeinigt haben, dass der Unternehmer das von ihm geschuldete Werk als Ganzes (beispielsweise Erstellung einer kompletten Heizung) zu einer vertraglich fixierten Geldsumme herzustellen und abzuliefern hat. Der Unternehmer darf diesfalls nur den durch eine Bestellungsänderung hervorgerufenen Mehraufwand zusätzlich in Rechnung stellen. Ob eine Bestellungsänderung vorliegt, ist aufgrund des konkreten Werkvertrages zu ermitteln. Die Beweislast für das Vorliegen einer Bestellungsänderung trägt der Unternehmer. Werden Pauschalpreise vereinbart, so empfiehlt es sich die davon umfassten den Leistungen so exakt wie vernünftig möglich zu umschreiben. Nur so lassen sich spätere Diskussionen vermeiden.

Globalpreis

Der Globalpreis unterscheidet sich vom Pauschalpreis durch den Teuerungsausgleich. Der Unternehmer wird dadurch berechtigt und verpflichtet, die zwischen dem Vertragsabschluss und der Vertragsvollendung eingetretenen Veränderungen seiner Kalkulationsgrundlagen an den Bauherrn weiterzugeben.

Einheitspreis

Ein Einheitspreis ist dann vereinbart, wenn für eine bestimmte (Einzel-)Leistung, welche pro Einheit messbar ist, ein bestimmter Preis abgemacht wird. Der Bauherr hat dann je erbrachte Einheit den vereinbarten Preis zu bezahlen. Auch bei der Vereinbarung von Einheitspreisen ist es wichtig, die massgebliche "Einheit" möglichst exakt zu umschreiben. Typische Einheiten Laufmeter, Quadratmeter, Kubikmeter, Kilogramm oder Stück. Die Anzahl der vom Bauherr zu vergütenden Einheiten wird durch Ausmass ermittelt. Wichtig für den Bauherrn ist somit, dass sowohl die Leistungseinheit exakt umschrieben, als auch der dafür geschuldete Preis definiert und das Ausmass der geleisteten Einheiten exakt vorgenommen werden.

Regiearbeiten

Regiearbeiten sind dem Unternehmer vom Bauherrn nach Aufwand zu vergüten. Alle vereinbarten Arbeiten, für die keine Vergütung zu einem festen Preis abgemacht worden ist, sind Regiearbeiten.Werden keine Regieansätze vereinbart,so gelten die am Ort der Arbeitsausführung massgebenden Regietarife der Berufsverbände. Fehlen auch solche, sind die Ansätze basierend auf den Selbstkosten des Unternehmers festzusetzen. Anspruch auf Vergütung hat der Unternehmer nur für den Aufwand, der bei sorgfältiger und korrekter Ausführung der Arbeiten notwendig ist. Diesen Aufwand hat der Unternehmer zu beweisen. Hierfür muss er täglich einen Rapport erstellen und der Bauleitung unterzeichnet abgeben. Diese hat den Rapport zu prüfen und bei Einverständnis ebenfalls zu unterzeichnen. Der beidseitig unterzeichnete Rapport begründet die Vermutung, dass der im Regierapport ausgewiesene Aufwand geleistet worden ist und nötig war. Der Bauherr hat deshalb nicht nur darauf zu achten, dass die Regieansätze korrekt sind, sondern auch, dass seine Bauleitung die von den Unternehmern eingereichten Regierapporte stets kritisch prüft und nur den effektiv notwendigen Aufwand anerkennt.

General- und Totalunternehmerverträge im Speziellen

Um das Risiko der Kostenüberschreitung zu mindern, werden Bauvorhaben heute oft an General- oder Totalunternehmer vergeben. Der Totalunternehmer unterscheidet sich vom Generalunternehmer dadurch, dass er zusätzlich zu den eigentlichen Bauarbeiten auch noch diePlanungsarbeiten ausführt. General oder Totalunternehmerverträge sind keine eigene Vertragskategorie. Das oben Ausgeführte gilt deshalb auch für diese Art von Verträgen.

Fazit

Wie vorstehend gezeigt, lassen sich Kostenüberschreitungen bei Bauvorhaben durch exakte Planung, genau redigierte Verträge sowie ein umfassendes Kostenmanagement während der Bauausführung minimieren. Der Bauherr – egal ob privater oder institutioneller – tut gut daran, sich dieser Grundsätze stets bewusst zu sein und die von ihm beauftragten Baubeteiligten entsprechend zu verpflichten. Andernfalls kann eine Baute im wahrsten Sinne des Wortes belastend werden.

Beitrag veröffentlicht am
18. April 2007

Diesen Beitrag teilen

Weitere Beiträge